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Noch vor wenigen Wochen standen die Aktien kleiner und mittelgrosser Unternehmen aus der Schweiz hoch in der Anlegergunst. Die drei Schwergewichte Nestlé, Roche und Novartis befanden sich hingegen in einem Stimmungstief. Zu gross, zu träge und damit schlichtweg zu langweilig - so urteilte man damals.

Innerhalb kürzester Zeit hat sich das Blatt nun aber gewendet: Die Genussscheine von Roche kosten heute 15 Prozent mehr als noch Mitte Juni, die Aktien von Nestlé und Novartis immerhin rund 10 Prozent mehr.

Für langjährige Aktionäre dieser drei Unternehmen ist das vermutlich bloss ein Tropfen auf den heissen Stein. Dennoch dürften ihnen die neidischen Blicke der Aktionäre von Aryzta, Meyer Burger, GAM, Comet, Hochdorf oder DKSH angesichts solcher Zahlen sicher sein.

Die besagten Unternehmen büssten im selben Betrachtungszeitraum nämlich zwischen 14 (Marktentwickler DKSH) und 36 Prozent (Vermögensverwalter GAM) ihres Börsenwerts ein. "It's a stock-pickers market", so lasse ich mir von einem auf Schweizer Aktien spezialisierten Londoner Händler sagen - nur wer auf die richtigen Aktien setzt, verdient Geld.

Ich gehe gar noch einen Schritt weiter: In einem solchen Marktumfeld Geld zu verdienen ist schwierig, kein Geld zu verlieren fast unmöglich.

Interessant ist, dass die meisten Strategen der Kurserholung bei den Schwergewichten aus dem Swiss Market Index (SMI) ziemlich skeptisch gegenüberstehen (siehe Markttechnikspezialist von Julius Bär zeigt sich unbeeindruckt von der SMI-Stärke vom 7. August) - aber vielleicht ist das ja gut so.

Als stabilisierendes Element kommt hier die Dividende ins Spiel. Je nach Betrachtungszeitraum trägt die Dividendenkomponente bei Aktien aus der Schweiz bis zu 60 Prozent zur Gesamtrendite bei. Anders als die Kurskomponente unterliegt die Dividendenkomponente nur geringen Schwankungen und ist erst noch besser abschätzbar.

"Zahltag" ist aus Aktionärssicht allerdings nur einmal im Jahr. Die allermeisten Schweizer Unternehmen entrichten die Dividende zwischen März und Mai.

Bei meinen im Dezember gekürten Dogs of the SMI entfaltete die Dividendenkomponente ihre stabilisierende Wirkung bisweilen leider nicht - wobei die Bezeichnung Dogs ein bisschen irreführend ist. Denn in diese Kategorie fallen nicht die SMI-Komponenten, die 2017 am schlechtesten abgeschnitten haben, sondern diejenigen mit der höchsten Rendite.

Die Zwischenbilanz per Ende Juli könnte bei den Dogs of the SMI ernüchternder kaum sein. Mit einem durchschnittlichen Minus von 3,79 Prozent schneiden die Valoren von LafargeHolcim, Roche, Swiss Re, Swisscom und Zurich Insurance Group deutlich schlechter als der um 1,1 Prozent höhere Swiss Performance Index (SPI) ab.

Meine wenige Tage später im Dezember kommunizierten Schweizer Aktienfavoriten für das Börsenjahr 2018 grenzen die Verluste zwar etwas ein. Mit einem Minus von 3,6 Prozent bleiben aber auch sie weit hinter dem SPI zurück.

Rückblickend muss ich mir den Vorwurf gefallen lassen, gleich mehrere Unternehmen völlig falsch eingeschätzt zu haben. Dass sich kein Totalabsturz darunter befindet, macht die Sache nur bedingt besser. Einer der diesjährigen Börsenüberflieger sucht man unter meinen Aktienfavoriten nämlich ebenfalls vergebens.

Bilanz der letzten Jahre

JahrAktienfavoritenSPI
2013+40,1 Prozent+23,9 Prozent
2014+11,4 Prozent+15,2 Prozent
2015+  4,1 Prozent+  2,4 Prozent
2016-   3,7 Prozent-   1,7 Prozent
2017+23,6 Prozent+20,1 Prozent
2018*-    3,6 Prozent+  1,1 Prozent

* Schlusskurse vom 31. Juli 2018

Die Zwischenbilanz verhagelte nicht zuletzt ABB. Als der Industriekonzern aus Zürich Mitte Juli den Zahlenkranz für das zweite Quartal vorlegte, blieb eine weitere Enttäuschung zwar aus. Allerdings korrigierten viele Analysten ihre Schätzungen in den Wochen zuvor noch kräftig nach unten.

Ohne eine Belebung in der zweiten Jahreshälfte könnte 2018 als ein weiteres Übergangsjahr in die Firmengeschichte eingehen. Dennoch hält das Zweiergespann bestehend aus Verwaltungsrat und Geschäftsleitung am bisherigen Kurs fest.

Von einer strategischen Abkehr des Geschäftszweigs "Stromnetze" - wie es der Grossaktionär Cevian Capital seit Jahren fordert - will man am Hauptsitz von ABB partout nichts wissen. Erst vor wenigen Tagen verschaffte der schwedische Finanzinvestor seinem Unmut deshalb öffentlich Luft. Ein ranghoher Vertreter von Cevian Capital warf Konzernchef Ulrich Spiesshofer dabei gar "Realitätsfremde" vor (siehe Ist ABB-Chef Spiesshofer «realitätsfremd»? vom 7. Juli).

Ob sich mit einem Verkauf oder einem Börsengang des Geschäftszweigs "Stromnetze" die Wachstumsflaute überwinden lässt, darüber lässt sich streiten. Länger so weitergehen wie bisher kann es jedenfalls nicht - tendiert das organische Wachstum der vergangenen zehn Jahre doch gegen null.

Ähnliches spielte sich in den letzten Wochen bei den Aktien von LafargeHolcim ab. Auch der Weltmarktführer unter den Zementherstellern übertraf die Analystenerwartungen im zweiten Quartal nur, weil die Analysten zuvor ihre Prognosen mit dem Rotstift überarbeitet hatten.

Wenigstens die Angst vor einer Reduktion der diesjährigen Zielvorgaben erwies sich dann aber als unbegründet, was eine Kurserholung nach sich zog.

Alleine schon die tiefe Vergleichsbasis aus dem Vorjahr lässt bei LafargeHolcim im weiteren Jahresverlauf eine kräftige Gewinnerholung erahnen. Darüber hinaus wartete das Unternehmen in den letzten Wochen mit einigen kleineren, ergänzenden Firmenübernahmen auf. Sie tragen die Handschrift des erfahrenen Konzernchefs Jan Jenisch.

Aktuelle Positionen Aktienfavoriten

TitelAnzahlEinstandakt. Wert*ErfolgG/V
Barmittel  22'665,65  
ABB N38526,00  8'743,35-1'266,65-12,65 Prozent
LafargeHolcim N18254,95  9'216,48-   784,42-  7,84 Prozent
Nestlé N12083,40  9'684,00-   336,00-  3,35 Prozent
Roche GS40246,80  9'722,00-   150,00-  1,52 Prozent
Basilea N13275,50  8'652,60-1'313,40-13,18 Prozent
Clariant N40025,50  9'476,00-   724,00-  7,10 Prozent
Dufry N69144,80   9'045,90-   945,30-  9,46 Prozent
OC Oerlikon N60016,87  9'246,00-   876,00-  8,65 Prozent
      
Total  96'451,98 -3,55 Prozent

* Schlusskurse vom 31. Juli 2018

Ähnlich stark wie Jenisch bei LafargeHolcim ist auch Mark Schneider bei Nestlé gefordert. Beide Firmenchefs haben mit ein und demselben Problem zu kämpfen: Den Aktionären geht der Unternehmensumbau viel zu langsam.

Das gilt insbesondere für Third Point, den Hedgefonds des amerikanischen Milliardärs Dan Loeb. Erst vor wenigen Wochen wandte sich Loeb in einem offenen Schreiben an den Nahrungsmittelhersteller aus Vevey. Machte sich der Milliardär zuvor nur für einen Verkauf des L'Oréal-Pakets und zusätzliche Aktienrückkäufe stark, so fordert er neuerdings eine Zerschlagung von Nestlé in drei voneinander unabhängige Publikumsgesellschaften.

Die Überlegung dahinter: Die drei Unternehmen dürften an der Börse mehr wert sein als Nestlé als Ganzes (siehe Ist eine «zerschlagene» Nestlé 110 Franken je Aktie wert? vom 5. Juli). Jemand scheint jedenfalls seit Wochen immer wieder ausserbörslich grössere Aktienpakete zu "schlucken" (siehe Wer ist der geheimnisvolle Käufer von Nestlé-Blöcken? vom 6. August).

Alleine schon sein Leistungsausweis beim früheren Arbeitgeber Fresenius spricht dafür, dass man Konzernchef Mark Schneider einfach mal machen lassen und ihm etwas Zeit geben sollte. Dasselbe gilt für Jan Jenisch. Auch er blickt bei seinem früheren Arbeitgeber Sika auf sehr erfolgreiche Jahre zurück.

Neue Höchstkurse scheinen mir zumindest bei den Aktien von Nestlé über die kommenden Wochen möglich. Die Valoren von LafargeHolcim brauchen hingegen noch etwas Zeit. Wenigstens wird den Aktionären des Zementherstellers das Warten mit einer Dividendenrendite von 4 Prozent "versüsst".

Aktuelle Positionen «Dogs of the SMI»

TitelAnzahlEinstandakt. Wert*ErfolgG/V
LafargeHolcim N18553,90  9'368,40-   603,10-  6,05 Prozent
Roche GS41244,00  9'965,05-      38,95-  0,39 Prozent
Swisscom N19520,50  8'840,70-1'048,80-10,61 Prozent
Swiss Re N10892,20  9'804,24-   153,36-  1,54 Prozent
Zurich N33298,1010'055,10+  217,80+ 2,21 Prozent
      
Total  45'374,55 -  3,98 Prozent

* Schlusskurse vom 31. Juli 2018

Nicht so recht erschliessen wollen sich mir die Gründe für die jüngste Kursschwäche bei den Aktien von OC Oerlikon.

Nachdem die Tochter Drive Systems für umgerechnet rund 600 Millionen Franken an die amerikanische Rivalin Dana verkauft wurde, ist nun klar, weshalb der Börsengang dieses Geschäftszweigs überraschend abgesagt worden war.

Der Verkaufserlös ist zwar nicht berauschend - aber immerhin. Der Erlös soll ins Kerngeschäft fliessen. OC Oerlikon wird schon eine ganze Weile ein Interesse an der Oberflächentechnologiesparte von Praxair nachgesagt. Finanziell betrachtet müsste eine solche Grossübernahme nach dem Verkauf von Drive Systems eigentlich zu stemmen sein.

Bleibt bloss zu hoffen, dass OC Oerlikon keinen Fantasiepreis bezahlt. Das ist derzeit womöglich die grösste Sorge der Börse und erklärt die Kursschwäche bei den Aktien der hiesigen Industrieperle.

Meines Erachtens sind die Aktien bei Kursen unter 15 Franken ein klarer Kauf.

Bisherige Transaktionen

DatumTitel AnzahlKurs Total
29.12.2017Burckhardt NKauf32315,50Franken10'096,00-
29.12.2017Roche GSKauf40246,80Franken9'872,00-
29.12.2017Basilea NKauf13275,50Franken9'966,00-
29.12.2017Nestlé NKauf12083,50Franken10'020,00-
29.12.2017Dufry NKauf69144,80Franken9'991,20-
29.12.2017ABB NKauf38526,00Franken10'010,00-
29.12.2017LafargeHolcim NKauf18254,95Franken10'000,90-
24.01.2018Burckhradt NVerkauf32364,25Franken11'656,00+
07.02.2018Clariant NKauf40025,50Franken10'229,00-
15.02.2018Put WLHBRVKauf3'6400,25Franken939,00-
05.03.2018Put WLHBRVVerkauf3'6400,36Franken1'281,40+
16.04.2018Call AMIFJBKauf3'3000,455Franken1'530,50-
16.04.2018Put AMPRJBKauf3'3000,455Franken1'530,50-
24.04.2018Call AMIFJBVerkauf3'3000,09Franken268,00+
24.04.2018Put AMIFJBVerkauf3'3000,971Franken3'175,30+
04.05.2018OC Oerlikon NKauf60016,87Franken10'151,00-
04.05.2018Put DUFATZKauf2'7600,17Franken498,20-
08.05.2018Put DUFATZVerkauf2'7600,12Franken364,00+
29.05.2018Meyer Burger NKauf4'5001,12Franken5'069,00-
13.06.2018Meyer Burger NVerkauf4'5000,98Franken4'381,00+


 

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