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Für die Aktionäre von Barry Callebaut begann die vergangene Woche mit einer Hiobsbotschaft: Die Familie Jacobs trennte sich von einem 10-Prozent-Paket und platzierte dieses mit einem satten Abschlag bei neuen Investoren. In der Folge wurden die Aktien des bekannten Schokoladeherstellers an der Börse zeitweise mit einem Minus von mehr als 10 Prozent abgewatscht.

Keine 24 Stunden später kündigte der Finanzinvestor Onex beim letztjährigen Börsendebütanten SIG Combibloc den Verkauf von 30 Millionen Aktien zu je 13,30 Franken an. Auch beim Verpackungsmaschinenhersteller reagierte die Börse unterkühlt. Nur dem beherzten Einschreiten mehrerer mit der Publikumsöffnung betrauter Banken und ihren Kaufempfehlungen ist es zu verdanken, dass den Papieren ein grösseres Kursfiasko erspart blieb.

Kurseinbruch bei Barry Callebaut nach der Beteiligungsplatzierung durch die Familie Jacobs (Quelle: www.cash.ch)

Die Beteiligungsreduktionen bei SIG Combibloc und Barry Callebaut dürften kein einmaliges Phänomen bleiben. Auch bei so manch anderem an der Schweizer Börse gehandelten Unternehmen lässt sich die übertrieben hohe Bewertung kaum noch rechtfertigen.

Das erklärt auch, weshalb immer mehr Ankeraktionäre trotz Anlagenotstand Kasse machen - schliesslich will der Erlös aus einer Beteiligungsreduktion möglichst gewinnbringend reinvestiert werden.

Beim Bauchemiehersteller Sika werden Saint-Gobain neuerdings Verkaufsabsichten nachgesagt. Die Franzosen sind seit der Beilegung eines jahrelangen Streits um die Kontrolle mit 10 Prozent am Unternehmen beteiligt. Allerdings unterliegt das Aktienpaket noch bis Mai nächsten Jahres einer Verkaufssperre. Ab dann gilt ein rascher Ausstieg des Grossaktionärs als sicher.

Anders präsentiert sich die Ausgangslage von Silchester International. Der bekannte Finanzinvestor ist noch immer mit 15 Prozent am Vermögensverwalter GAM beteiligt. Seit der Suspendierung eines bis dahin sehr erfolgreichen Fondsmanagers ist bei der ehemaligen Julius-Bär-Tochter der Wurm drin. Der Aktienkurs fällt und fällt - erst recht, seit bekannt wurde, dass sich der amerikanische Hedgefonds-Milliardär George Soros nach seinem Einstieg im Mai wieder aus dem Aktionariat zurückgezogen hat.

Kurszerfall bei den GAM-Aktien über die letzten fünf Jahre (Quelle: www.cash.ch)

Dass ausgerechnet Silchester International vor gut zwei Jahren einen Coup oppositioneller Finanzinvestoren vereitelte, entbehrt rückblickend nicht einer gehörigen Portion Ironie. Seither hat GAM drei Viertel an Börsenwert verloren.

Ich wäre jedenfalls nicht überrascht, würde der Ankeraktionär irgendwann die Geduld verlieren und die Reissleine ziehen. Oder aber er ergreift die Flucht nach vorn und unterbreitet den übrigen Aktionären ein Übernahmeangebot.

Vor einer sehr ähnlichen Entscheidung steht Sabic bei Clariant. Das saudische Partnerunternehmen ist mit knapp 25 Prozent am Baselbieter Spezialitätenchemiehersteller beteiligt. Ursprünglich wollte der Ankeraktionär seine ähnlich gelagerten Geschäftsaktivitäten bei Clariant einbringen. Doch das Vorhaben scheiterte an den zu unterschiedlichen Preisvorstellungen beider Parteien. Seither werden Sabic immer wieder Verkaufsabsichten nachgesagt.

Allerdings zahlten die Saudis erst vor wenigen Jahren mehr als 32 Franken je Aktie und mussten seither umgerechnet bereits mehrere hundert Millionen Franken auf ihrer Beteiligung abschreiben. Ich wäre deshalb nicht überrascht, würde Sabic das Paket sogar weiter ausbauen.

Zu einem Paukenschlag könnte es bei Roche kommen, sollten die beiden Gründerfamilien Oeri/Hoffmann oder die mit einem Drittel beteiligte Rivalin Novartis ihre Aktienpakete am Basler Pharma- und Diagnostikkonzern eines Tages reduzieren wollen. Ohne gleichzeitig die Einheitsnamenaktie einzuführen, wäre ein solches Unterfangen wohl kaum möglich.

Die Beteiligungsreduktion durch Onex bei SIG Combibloc von letzter Woche deutet es bereits an: Gefährdet sind Unternehmen, bei welchen nächstens Verkaufssperren auslaufen oder bereits ausgelaufen sind. Das betrifft vor allem die Börsendebütanten der letzten Jahre.

Gerade bei Polyphor wird gemunkelt, dass bedeutende Aktionäre das kursseitige Aufbäumen von Ende Oktober zum Verkauf von Titelbeständen genutzt hätten. Doch auch bei Landis+Gyr werden den Lego-Erben um den dänischen Milliardär Kirk Kristiansen nach dem jüngsten Höhenflug der Aktien Verkaufsabsichten nachgesagt. Sich bei Kursen um 65 Franken in mehreren Schritten beim Stromzählerhersteller einzukaufen, hat sich bezahlt gemacht.

Doch auch bei Sensirion, Medartis oder Klingelnberg sind Titelverkäufe möglich - wenn auch nicht "en bloc".

Selbst wenn die Banken und ihre Analysten solchen Aktienplatzierungen oft vorwiegend positive Aspekte - wie etwa die bessere Handelbarkeit der Aktie - abgewinnen, lässt sich eigentlich nichts schönreden: Finanzinvestoren vom Schlag von Onex sind bekannt dafür, keine Geschenke zu machen. Dementsprechend ist die Signalwirkung nicht von der Hand zu weisen, wenn ein langjähriger Aktionär Kasse (in Raten) macht.

 

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