"Da der Einlagenzinssatz bereits auf einem Rekordtief von minus 0,5 liegt, ist der Spielraum deutlich geringer als bei der Fed", sagt Fondsmanager Wolfgang Bauer vom Vermögensverwalter M&G. Die Währungshüter könnten aber das Volumen ihrer Wertpapierankäufe von derzeit monatlich 20 Milliarden problemlos auf 80 Milliarden Euro aufstocken und dabei verstärkt Unternehmensanleihen einsammeln.

Eine Absenkung des Zinsen für Einlagen der Geschäftsbanken bei der EZB auf minus 0,6 von minus 0,5 Prozent gilt bei Investoren als ausgemacht. Die Notenbank könnte einen solchen Schritt schon vor den offiziellen Beratungen am Donnerstag bekanntgeben, prognostiziert Neil Wilson, Chef-Analyst des Online-Brokers Markets.com. Vor einigen Tagen hatten sich die Währungshüter auf einer Telefonkonferenz zunächst für eine Politik der ruhigen Hand entschieden.

Auch bei der Fed sei das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht, sagt Analystin Laura Pozzini vom Vermögensverwalter Eurizon. Sie halte weitere Zinssenkungen und zusätzliche Geldspritzen für wahrscheinlich. Investoren sehen die Wahrscheinlichkeit einer erneuten Herabsetzung des Schlüsselsatzes um einen halben Prozentpunkt bei den regulären Fed-Beratungen Mitte März bei mehr als 80 Prozent. Eine reguläre Zinssitzung findet am 18. März statt. 

Mehr Schaden als Nutzen? 

Rasche Zinssenkungen und milliardenschwere Hilfsprogramme von Regierungen hätten aber auch eine Kehrseite, warnt Analyst David Madden vom Online-Broker CMC Markets. "Anleger fragen sich, wie schlimm die Lage wirklich ist. Ab einem bestimmten Punkt schüren Interventionen Nervosität."

Der SMI ist diese Woche auf 9737 Punkte gesunken. Aus Schweizer Sicht haben die Zinssenkungen in den USA und Europa zudem den Aspekt, dass die Schweizerische Nationalbank den Negativzins in der Folge von -0,75 auf -1 Prozent ausweiten könnte. Dies würde insbesondere Bankaktien wie UBS oder Credit Suisse rasch belasten. Beide Grossbanken-Aktien sind im Zuge der Börsenverwerfungen auf unter 10 Franken gefallen. 

Rezessionsängste

Zinssenkungen hätten zudem keinen direkten Einfluss auf die Virus-Folgen, sagt Rupert Thompson, Chef-Analyst des Vermögensverwalters Kingswood. "Eine kurze weltweite Rezession ist alles andere als ausgeschlossen." In den Aktienkursen spiegele sich dieses Risiko bislang nicht angemessen wider.

Vor diesem Hintergrund werden Börsianer die anstehenden Konjunkturdaten auf Coronavirus-Symptome untersuchen. Auf dem Terminplan stehen unter anderem Zahlen zur deutschen (Montag) und zur europäischen (Donnerstag) Industrieproduktion. "Ob die Talfahrt in der Industrie zu Ende ist, bleibt abzuwarten", sagt Commerzbank-Analyst Christoph Weil. "In den USA werden die Verbraucherpreise für Februar zeigen, dass die Inflation einer weiteren Zinssenkung seitens der Fed nicht im Wege steht."

Zudem wird eine weiter grosse Zahl an Unternehmen Zahlen vorlegen. Am Montag sind dies Belimo und Tornos. Am Dienstag öffnet Geberit, aber auch zahlreiche Small und Mid Caps ihre Bücher: Aryzta, Flughafen Zürich, Galenica, Huber+Suhner, Reiter, Schweiter, Sensirion, TX Group und die VP Bank.

Am Mittwoch sind es Dätwyler, IVF Hartmann, Pargesa, Plazza, Schmolz+Bickenbach, Von Roll un die Walliser Kantonalbank. Am Donnerstag Vifor, Bâloise, Cicor, Dufry, die Liechtensteiner Landesbank LLB und Meyer Burger. Am Freitag Bachem, Mobilezone, U-Blox und die Compagnie Financière Tradition CFT.

Briten legen Nach-Brexit-Budget vor

Mit einem Auge schielen Investoren zudem nach Großbritannien, wo der neue Finanzminister Rishi Sunak am Mittwoch seinen Haushalt vorlegen will. "Dieser wäre ohnehin schon expansiv gewesen", sagt Analyst Andreas Billmeier von Western Asset Management. "Die wirtschaftlichen Auswirkungen des Virus bieten jetzt einen schönen Deckmantel, um noch mehr auszugeben."

In Deutschland könnten die für 2021 geplanten Steuersenkungen vorgezogen werden. "Da diese vor allem Bezieher niedriger bis mittlerer Einkommen entlasten, sollten sie eine gute Wirkung zeigen."

(Reuters)