Die letzten 12 Monaten waren nicht leicht für Aktieninvestoren: Seit es im August 2015, ausgehend aus China, zu einem drastischen Ausverkauf an den Börsen kam, sind die Märkte kaum mehr zur Ruhe gekommen. Zu den immer mal wieder auftauchenden China-Sorgen gesellen sich Spekulationen über eine US-Zinserhöhung, die Unsicherheit vor den US-Wahlen, der Brexit und Existenzängste bei Italiens Banken.

Von diesem explosiven Gemisch am Markt zeigen sich die ausserbörsliche gehandelten Aktien aber fast gänzlich unberührt, wie die Grafik unten zeigt. Innerhalb eines Jahres hat der Liquidity Index der Berner Kantonalbank (BEKB), welcher die liquidesten nichtkotierten Schweizer Aktien abbildet, um 3,4 Prozent zugelegt. Als Vergleich: Im gleichen Zeitraum gab der Swiss Performance Index (SPI) um 5,4 Prozent nach, der Swiss Market Index (SMI) verlor gar 11,4 Prozent. 

Entwicklung nichtkotierte Aktien (BEKB-Liquidity Index, rot) und Swiss Market Index (grün) in den letzten 52 Wochen, Quelle: cash.ch

Die Krisenresistenz dieser "Over the counter"-Aktien ist kein Zufall: "Die Kurse der nichtkotierten Aktien sind weniger volatil als diejenigen der kotierten", sagt Andreas Langenegger, Aktienspezialist bei der Berner Kantonalbank (BEKB), auf Anfrage von cash. In den letzten Monaten habe das Handelsvolumen deutlich angezogen, was auf das verstärkte Interesse institutioneller Anleger an diesem Segment, aber auch auf volumenstarke Neu-Listings wie etwa die Repower-Aktie zurückzuführen sei.

Und da auch bis zum Jahresende mit einer hohen Volatilität an den Hauptmärkten zu rechnen ist, könnten nichtkotierte Aktien weiterhin profitieren. "Allerdings darf man nicht vergessen, dass die Unternehmen auch in diesem Segment unter dem Einfluss der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung stehen", so Langenegger. Negative Auswirkungen auf die Industrie oder den Tourismus würden sich mit einer gewissen Verzögerung auch in den ausserbörslichen Kursen widerspiegeln.

Nur für längeren Anlagehorizont geeignet

Mehrheitlich investieren langfristig orientierte Anleger in solche Nebenwerte, die hinter dem Geschäftsmodell stehen oder einen persönlichen Bezug zum Unternehmen haben. Der Handel ist im Vergleich zu kotierten Firmen sehr dünn, da viele Gesellschaften in Familienhand sind. Beides stabilisiert den Kurs.

Doch gibt auch eine Kehrseite der Medaille: Nichtkotierte Aktien werden selten gehandelt, so dass sich Kauf oder Verkauf über eine längere Zeit hinausschieben kann. Das macht auch die Geld-Brief-Spanne verhältnismässig hoch und vermindert die Effizienz dieses Handels. Es ist für Anleger darüber hinaus schwer, an Informationen zum Unternehmen zu kommen: Es bestehen keine Meldepflichten. 

Wer sich von den Nachteilen eines solchen Investments nicht abschrecken lässt, hat die Qual der Wahl: Ausserbörslich werden in der Schweiz rund 500 Titel gehandelt. Handelsplattformen bieten etwa die BEKB, ZKB oder die Privatbank Lienhardt & Partner an. Viele dieser nichtkotierten Aktien haben  ein so tiefes Handelsvolumen, dass kein Investment empfohlen werden könnte. Die eine oder andere Trouvaille mit guten Perspektiven gibt es aber (siehe auch Tabelle unten).

Zur Rose - wann kommt der Börsengang?

Die Thurgauer Online-Apotheke Zur Rose konnte in diesem Jahr bereits satte 39 Prozent zulegen. Der Titel gilt ohnehin seit längerem als Star unter den ausserbörslichen Aktien mit hohen Ambitionen. Allerdings gab es diesen April mit den Jahreszahlen 2015 einen kleinen Dämpfer: Der Gewinn brach um die Hälfte ein, gleichzeitig nahm der Umsatz um 8,9 Prozent ab.

Das liess zunächst den Aktienkurs stagnieren, ehe es Mitte Juni wieder zu einem sprunghaften Anstieg kam, ausgelöst durch Bekanntgabe einer neuen Ankeraktionärin, der Zuger Beteiligungsgesellschaft Corisol, welche 13,3 Prozent der Aktien übernahm. Zur Rose will die europäische Marktführerschaft als Versandapotheke weiter ausbauen, man hegt grosse Expansionspläne. Ein Börsengang scheint nur noch eine Frage der Zeit zu sein.

Kursaal-Casino Luzern - Chinesen müssen angelockt werden

In diesem Jahr legte die Aktie des Kursaal-Casinos Luzern um 23 Prozent zu. Eigentlich erstaunlich, denn deren hundertprozentige Tochter Grand Casino Luzern kämpft schon das vierte Jahr in Folge mit rücklaufigen Erträgen. Generell hat es die Spielbranche derzeit schwer, es wird immer weniger gezockt.

In einem Research-Kommentar der BEKB wird etwas bemängelt, dass man trotz vorteilhaftem Standort in der Tourismusdestination Luzern noch zu wenig vom Boom der asiatischen Touristen profitieren konnte. Es müsse der Gesellschaft gelingen, die Ertragssituation und die Rentabilität zu verbessern. Was für die Aktie spricht: Die Dividendenrendite von 4 Prozent ist nach wie vor attraktiv, ausserdem dürften ab 2019 Online-Geldspiele legalisiert werden. Man plant dann mit der Casino Online AG tätig zu werden.

Pilatus-Bahnen - NEAT-Tunnel könnte mehr Besucher bescheren

Die Pilatus-Bahnen gehören zusammen mit den Jungfrau- und den Titlisbahnen zu den rentabelsten der Branche. 2015 war ein Rekordjahr mit einem Ertrag von über 30 Millionen Franken. Ein Stück weit dürfte aber auch sicher Glück eine Rolle gespielt haben, da das Wetter im Sommer und Herbst verhältnismässig gut ausfiel. Durch erhöhte Verkaufsanstrengungen im Raum Mailand hat sich aber auch die Zahl der italienischen Touristen erhöht.

Noch mehr Italiener könnten kommen, wenn im Dezember 2016 der NEAT-Basistunnel seinen Betrieb aufnimmt, ist in einem Analysten-Kommentar der BEKB zu lesen. Die Aktie ist jedoch, wie viele andere Bergbahnen auch, bereits teuer bewertet und die Dividendenrendite von knapp 1,5 Prozent eher tief. Allerdings gibt es für Aktionäre zusätzlich zwei Freikarten im Wert von je 72 Franken, was die Dividende doch noch etwas aufpeppt. An die Gratisfahrten kommt jedoch nur, wer an der GV teilnimmt.

Intersport - Potential nach Dekotierung

Per 12. Mai in diesem Jahr liess sich Intersport von  der Schweizer Börse dekotieren. Begründet wurde der Schritt mit einem zu hohen regulatorischem Aufwand und dem geringen Handelsvolumen der Aktien. Zuletzt waren auch die Konzernzahlen wenig überzeugend: Im letzten Geschäftsjahr verringerte sich der Umsatz um ein Fünftel, darüber hinaus wurde auf eine Dividendenauszahlung verzichtet. Vor der Ankündigung der Dekotierung im November 2015 war die Aktie bei 50 Franken, danach fiel sie um mehr als 50 Prozent.

Das hat auch damit zu tun, dass viele institutionelle Anleger per Vorschrift nur kotierte Firmen halten dürfen und den Titel verkaufen mussten. Seit dem Umstieg in den ausserbörslichen Handel stieg der Kurs von Intersport wieder um 5 Prozent an, ist aber mit einem Preis von 31 Franken noch deutlich unter dem Wert vom November letzten Jahres. Ob es da noch etwas Aufwärtspotential gibt? Gegen die Aktie spricht allerdings der sehr geringe Streubesitz, 91 Prozent der Titel sind in den Händen der Zelfi Sports Holding.

Top 10 der nichtkotierten Aktien

  Performance, in %
Titel Letzte 52 Wochen Seit 1.1.2016
Zur Rose +30 +39
Kursaal-Casino Luzern +24 +23
EW Jona-Rapperswil +18 +5
Regiobank Solothurn +18 +16
Bank Oberaargau +16 -5
Bad Schinznach +14 +4
Schilthornbahn +13 +8
Schweizer Zucker +13 +6
Säntis Schwebebahn +11 +9
Pilatus-Bahnen +11 +8

 

Flop 10 der nichtkotierten Aktien

  Performance, in %
Titel Letzte 52 Wochen Seit 1.1.2016
Cendres + Metaux -15 -2
Kongress & Kursaal Bern -14 -4
Griesser -11 -8
Aluminium Laufen -10 -10
Dolder Hotel -10 -10
Zürichsee-Fähre -10 +5
Holdigaz -9 -6
SIA-Haus -9 -6
Zürcher Oberland Medien -8 -8
Auto Holding -7 +5

Quelle: cash.ch, Stand: 26.07.2017