AI/ML - diese Kürzel stehen für Artificial Intelligence und Machine Learning. In fast allen Zweigen der Wirtschaft wächst der Einsatz von Systemen, die selbstständig Prozesse lernen und ausführen können. Und dies schnell: Marktforscher gehen davon aus, dass AI in diesem Jahrzehnt Jahr für Jahr ein Wachstumspotential von über 40 Prozent hat.
Anlegerinnen und Anleger müssen sich bewusst sein, dass viele AI-"pure player" nur mit Risikokapital investierbare Start-ups sind. Doch mehr und mehr gehen solche Unternehmen an die Börse. Bei kotierten Firmen ist AI zu einem wesentlichen Treiber der Weiterentwicklung geworden, und damit zu einem wichtigen Trend für Aktieninvestments.
Durch die jüngste Korrektur am Tech-Markt sind Aktien mit AI-Bezug nur noch interessanter geworden. Fünf Aktien und drei Exchange Traded Funds (ETF), die sich auch längerfristig lohnen dürften.
DocuSign
Im Tech-Hype der vergangenen Monate ist das Interesse an DocuSign stets gewachsen. DocuSign-Nutzer können Dokumente voll elektronisch signieren. Genutzt werden diese Dienste zum Beispiel von Staatsapparaten, Versicherungen oder dem Gesundheitswesen. Die grössten Konzerne der Welt nutzen die Technologie. Und die Coronakrise hat die Nachfrage nur noch erhöht. Die Zukunft sieht für DocuSign darüber hinaus als Anbieter von "Agreement"-Lösungen aus.
Das 4000-Mitarbeiter-Unternehmen kauft AI-Entwickler auf, um die Technologie weiterzuentwickeln. Die Aktie hat 2020 ihren Kurs verdreifacht, hat aber seit Mitte Februar 20 Prozent auf aktuell 213 Dollar verloren. Damit tut sich bei DocuSign eine echte Einstiegschance auf. Das gemittelte 12-Monats-Kursziel verspricht ein Drittel Kursgewinn. Die noch diese Woche veröffentlichen Jahresresultate werden zeigen, wie weit in Richtung Profitabilität das Unternehmen schon geschritten ist.
Der Kurs der DocuSign-Aktie seit dem Börsengang 2018 zeugt von hohen Erwartungen an das Unternehmen. Der Rekordstand war am 1. September 2020 (Grafik: cash.ch).
C3.ai
Erst seit Dezember 2020 an der Börse, ist C3.ai etwas ein Exot: Der Firmengründer, US-Milliardär und Software-Investor Tom Siebel, steht sehr kritisch zur Rolle Chinas in der Welt und sieht sein Land, die USA, bei AI in einer Art Krieg mit dem Reich der Mitte. Berichten zufolge will er dort keine Geschäfte machen.
C3.ai bietet Unternehmen Software-as-a-Service-Lösungen (SaaS) zur digitalen Weiterentwicklung mit künstlicher Intelligenz an hat globale Grosskonzerne als Kunden. Typisch für die Zeit unmittelbar vor der aktuellen Tech-Korrektur ist die Kursverdoppelung nach dem Börsengang vor drei Monaten. Der Tech-Ausverkauf und schlechte Zahlen haben dem Kurs zuletzt zugesetzt. Manche am Markt, etwa der bullishe Tech-Analyst Dan Ives, sehen C3.ai als echten Disruptor. Unter starker Konkurrenz zwar, könnte das Software-Unternehmen C3.ai mit seinem schillernden CEO und seiner Aktie zu einer echten Kursrakete werden.
Upstart Holdings
Upstart ist eine von AI-Technologie unterstützte Plattform für Kleinkredite in den USA. 70 Prozent der Darlehen werden nach Angaben des Unternehmens automatisch vergeben. Künstliche Intelligenz sorge dafür, dass die Verlustrate um drei Viertel gesenkt werde, sagt das vor neun Jahren gegründete Unternehmen von sich. AI soll konkret dazu beitragen, die Kreditvergabe auszuweiten, ohne dass die Ausfallrisiken massgeblich steigen.
Fintech oder Neobank, will Upstart die in den USA altmodische Kreditvergabe modernisieren und Finanzdienstleitungen günstiger machen. Potenzial sieht man bei Firmenkrediten und Hypotheken. Upstart ist auch erst seit Dezember 2020 an der Börse und hat den Kurs zunächst auf über 100 Dollar verdreifacht. Seit letztem Monat ist davon wieder die Hälfte verlorengegangen. Analysten sind mit Empfehlungen noch etwas zögerlich. Das Geschäftsmodell ist definitiv interessant.
Micron Technology
Wesentlich zum AI-Boom gehört die Entwicklung und Fertigung von Chips. Micron Technology ist nicht der einzige Halbleiterhersteller der Welt, aber ohne die DRAM- und NAND-Memory-Chips von Micron wäre die Weiterentwicklung von AI schwierig. Server für AI werden im Vergleich zu heute noch ein Vielfaches an Chips brauchen.
Der Micron-Kurs ist seit Ende März 2020 um 133 gestiegen und hat zuletzt moderat korrigiert. Im Vergleich zu anderen Tech-Stocks hat Micron eine akzeptable Bewertung mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 32. Micron ist im Gegensatz zu den typischen AI-Unternehmen kein Start-up und profitabel. Die Bewertung ist laut Analysten gut durch eine stabile Gewinnerwartung abgestützt.
Die Micron-Aktie seit Anfang 2020 (Grafik: cash.ch).
Applied Materials
Das US-Unternehmen profitiert wie Micron von der Nachfrage nach Memory-Chips – ein Produkt, das von einem mehrjährigen Zyklus profitieren kann. Applied Materials aber baut nicht die Chips selber, sondern die Anlagen für die Herstellung von Halbleitersystemen.
Der Kurs steht heute um 70 Prozent über den Niveau beim Beginn der Coronakrise im Februar 2020. Der Kursrückgang in den vergangenen Wochen ist moderat – was an der recht tiefen Bewertung mit einem KGV von 26 liegt. Diese Bewertung schürt gleichermassen neue Kurshoffnungen. Mit Applied Materials können Anlegerinnen und Anleger in der Form eines grossen Technologiekonznners am AI-Boom teilhaben.
AI-ETF legen breit an
Eine Möglichkeit, am Trend teilzuhaben, bieten natürlich auch ETF. Der WisdomTree Artificial Intelligence UCITS ETF investiert zu 90 Prozent in IT-Unternehmen und vereint eine Reihe von Unternehmen, die schon stärkeren "pure-player"-Charakter haben. Die drei grössten Positionen sind das Cloud-Software-Unternehmen Appian, das Medien-AI-Unternehmen Veritone und der Datenspezialist für Systeme in Autos Cerence. Auch bekanntere AI-Namen wie Cadence Design Systems oder ServiceNow gehören zu den 52 Positionen. Seitdem der ETF im November 2018 aufgelegt worden ist, hat sich der Kurs mehr als verdoppelt.
Der Xtrackers Artificial Intelligence & Big Data UCITS ETF des Fondshauses DWS wiederum umfasst bis zu 100 Positionen. Top-Position ist das Softwareunternehmen Blackberry, früher Hersteller von Smartpones. Grosse Datenunternehmen wie Palantir und das Datenbankunternehmen Teradata. Auch hier liegt der Schwerpunkt bei US-Firmen. Schweizer AI-Aktien sucht man an den Börsen übrigens mehr oder weniger vergeblich. Am ehesten qualifiziert ist der Automationskonzern ABB, weil auf AI-Fonds gerne auch in die verwandte Robotertechnologie investieren.
Bekrönt gewissermassen wird die AI-ETF-Szene von einem promienten Namen: Der ARK Autonomous Technology & Robotics ETF von der gerade sehr in den Schlagzeilen stehenden Investmentgrösse Cathie Wood. Der Fonds hat sich 2020 ebenfalls mehr als verdoppelt, aber in der Tech-Korrektur gelitten - was Milliardärin Wood gerade in die Schlagzeilen bringt (cash berichtete). Ein grosser Posten in diesem aktiv gemanagten ETF die Tesla-Aktie. Auch Alphabet und Baidu sind unter den Top Ten. Dies zeigt: Grosse Tech-Namen sind immer auch AI-Namen, weil diese zu den grossen Anwendern von künstlicher Intelligenz gehören. Der Ark-ETF ist berühmt, aber mit einer Kostenquote von 0,75 recht teuer. Andere Themenfonds mit typischerweise 0,35 oder 0,4 Prozent Total Expense Ratio liegen im Mittelfeld, was ETF-Gebühren betrifft.