Bis zur Jahresmitte war der Swiss Market Index (SMI) die lahme Ente unter den globalen Aktienmärkten. Die drei defensiven Schwergewichte Novartis, Roche und Nestlé erwiesen sich als grosse Bremsklötze, während die Musik in den USA spielte, wo die Unternehmensgewinne so richtig sprudelten.

Doch der Juli - gewöhnlich eher ein träger Börsenmonat - stellt nun alles auf den Kopf: In den letzten vier Wochen hat der SMI 6,4 Prozent zugelegt. Das ist deutlich mehr als die anderen wichtigen Börsenplätze. Der deutsche Dax kommt im gleichen Zeitraum auf plus 3,6 Prozent, der amerikanische S&P 500 auf plus 2,8 Prozent und der Hang-Seng-Index aus Hongkong gar nur auf plus 0,2 Prozent.

Kursentwicklung wichtiger globaler Aktien-Indizes

IndexPerformance, 4 Wochen
SMI+6,4%
DAX+3,6%
Nikkei+3,5%
S&P 500+2,8%
Nasdaq 100+2,6%
Hang Seng+0,2%

Quelle: cash.ch, Stand 31.07.18

Für Schwung sorgen vor allem die Halbjahreszahlen der grossen Player, die zuvor an der Börse abgestraft wurden: Roche und Novartis überzeugten mit Gewinn- und Umsatzsteigerungen, Nestlé überraschte beim organischen Wachstum. Auch die Halbjahresergebnisse der beiden Grossbanken UBS und Credit Suisse nahmen die Anleger wohlwollend zur Kenntnis.

Auf dem Weg zum neuen Allzeithoch?

Inzwischen ist der SMI wieder bei 9200 Punkten - dort war er zuletzt Anfang Februar. Das ist noch etwas mehr als 4 Prozent unter dem Allzeithoch bei 9612 Punkten vom 9. Januar 2018. Die Charttechniker der Zürcher Kantonalbank (ZKB) erwarten mit Sicht auf die nächsten Monate eine Fortsetzung des Aufwärtstrends und "ein Test der Jahreshochs vom Januar".

Doch mit der Juli-Leichtigkeit kann es an der Schweizer Börse auch schnell wieder vorbei sein. Die Volatilität und schnellen Stimmungskehren an den Börsen im bisherigen Jahresverlauf sollen Warnung genug sein. Damit der Börsen-Schwung bis Jahresende nicht verloren geht, ist der SMI auf folgende Entwicklungen angewiesen:

1. Weitere Entschärfung im Handelskonflikt

Der Handelskonflikt, ausgehend von der US-Regierung, stellt für die Märkte derzeit den grössten Unsicherheitsfaktor dar. Vergangene Woche setzte durch die erzielte Einigung Donald Trumps mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker eine gewisse Entspannung ein, die Börsenteilnehmer atmeten auf.  Doch das Thema ist bei Weitem noch nicht gegessen: Konkret ist noch nichts, viele Fragen bleiben offen.

Ausserdem bleibt der Konflikt USA-China weiter ungelöst. Gewisse gegenseitige Strafzölle sind bereits in Kraft, noch viel gravierendere wurden aber bereits angekündigt. So droht Trump gar, auf alle Einfuhren aus China Strafzölle zu erheben. Entscheidendes könnte sich Ende August ereignen, wenn die USA über weitere Strafzölle auf China-Güter im Wert von 200 Milliarden Dollar befinden. Andere Beobachter hoffen wiederum, dass sich Trump spätestens nach den Midterm-Wahlen in den USA am 6. November kompromissbereiter zeigen wird und die Börsen zu einer Erleichterungsrallye ansetzen können.

2. Gute Unternehmenszahlen, auch im Herbst

Um die Anleger überzeugen zu können, müssen die Firmen natürlich gute Zahlen liefern. Wer dies nicht tut, wird schnell einmal mit minus 10 bis 15 Prozent abgestraft. Zu solchen Abstürzen kam es in der laufenden Zahlensaison vereinzelt bei Small und Mid Caps, da die Erwartungshaltung schlicht zu gross war. Erwischt hat es Firmen wie GAM, Dormakaba, Bobst, Rieter oder Meyer Burger.

Im Leitindex hingegen sind grosse Enttäuschungen ausgeblieben, in der Mehrheit wurden die Erwartungen gar übertroffen. Noch sind aber nicht alle SMI-Werte durch: Die Zahlen von Adecco, Geberit, Swiss Life, Swiss Re, Swisscom und Zurich stehen demnächst noch an.

Und ist erst einmal die laufende Zahlensaison vorbei, dann werden sich die Augen bereits auf das nächste Quartal richten: Wie wird sich die Unsicherheit durch den Handelsstreit auf die Bücher auswirken? Lässt die Wirtschaftsleistung in der Schweiz langsam nach? In Bezug auf das weitere Potenzial des SMI wird wiederum die Entwicklung bei Nestlé, Novartis und Roche entscheidend sein. Sie müssen zeigen, dass sie die jüngste Aufwärtstendenz beibehalten können und der Handelsdisput kaum Spuren hinterlassen hat.

3. Umschichtung auf defensivere Sektoren

Eine Beruhigung im Handelskonflikt und gute Unternehmenszahlen alleine genügen nicht. Damit die Schwergewichte aus dem SMI auch Abnehmer finden, muss immer eine gewisse Angst vor einer konjunkturellen Abkühlung im Markt vorhanden sein. Denn: Sind die Anleger zu euphorisch, dann sind vor allem Wachstumstitel aus dem Tech-Bereich sowie andere Zykliker gefragt - und defensivere Werte werden links liegen gelassen.

Jüngst haben Tech-Aktien in den USA aber Anzeichen von Schwäche gezeigt. Am stärksten erwischte es vor einer Woche die Facebook-Aktie, die nach einem Nutzerrückgang im zweiten Quartal um über 19 Prozent einbrach. Möglich, dass bei Anlegern langsam ein Umdenken stattfindet und Sicherheit bei der Aktienwahl künftig eine wichtigere Rolle spielen wird. Dem Schweizer Leitindex käme dies zugute.