Nach den grossen Abgaben am Freitag (SMI -3,4%) kommt es zu einer technischen Erholung in einzelnen Titeln. Während die Bankentitel und die meisten zyklischen Werte wegen der Unsicherheit nach dem Brexit-Votum der Briten weiter leiden, sind vor allem die defensiven Pharma-Schwergewichte bereits wieder gesucht.

Die Einschätzung der Lage nach dem ersten Schock vom Freitag ist über das Wochenende etwas nüchterner geworden. Man rechne zwar mit zusätzlicher Unsicherheit für die europäische Konjunktur, schreibt etwa die ZKB in einem Kommentar, gehe jedoch dank der relativ robusten Entwicklung in den USA nicht von einer globalen Rezession aus. Ausserdem würden die Zinsen wegen des Brexit tief bleiben, was Aktien im Vergleich mit Obligationen attraktiv mache. Positiv sei auch, dass sich die Volatilität in Grenzen gehalten habe und sich das Währungsgefüge aus Franken-Sicht ausser beim Pfund überraschend wenig verändert habe.

Verluste aufgeholt

Der Swiss Market Index (SMI) legt um 9.30 Uhr 8 Punkte oder 0,10% auf 7'755,05 Zähler zu und hat damit den Anfangsverlust von über 50 Punkten schon mehr als wettgemacht. Der 30 Titel umfassende Swiss Leader Index (SLI), in dem die grössten Titel nicht mit der ganzen Gewichtung enthalten sind, verliert zum Berichtszeitpunkt allerdings noch 0,40% auf 1'156,72 Punkte und der breite Swiss Performance Index (SPI) büsst 0,05% auf 8'391,66 Zähler ein. Von den 30 Blue Chips notieren zur Berichtszeit 19 im Minus und elf im Plus.

Die ZKB sieht aufgrund obiger Überlegungen insgesamt bei den Gewinnschätzungen für Schweizer Aktien keinen grossen Handlungsbedarf. Die Analysten der Grossbank HSBC haben ihr Rating für die hiesigen Dividendenpapiere insgesamt gar auf 'Übergewichten' von zuvor 'Untergewichten' erhöht. Begründet wird der Schritt insbesondere mit der defensiven Ausrichtung des Schweizer Marktes, zudem seien die Unternehmen nicht ausschliesslich auf die EU fokussiert, heisst es. Angesichts der Brexit-Unsicherheiten dürften diese Attribute in naher Zukunft sehr stark nachgefragt sein.

Credit Suisse unter Druck

Weiter stark unter Druck sind die Grossbankentitel, wobei die Papiere der kapitalschwächeren Credit Suisse mit -5,8% deutlich stärker an Terrain einbüssen als diejenigen der UBS (-2,1%). Bereits am Freitag waren die Papiere mit -13,9% bzw. -11,2% stark eingebrochen. Die Ungewissheit, was mit dem Finanzplatz London nach dem Brexit-Votum geschieht, laste auf den Kursen, heisst es im Handel. Die Grossbank dürften jedenfalls schon bald einen Abzug aus London prüfen oder zumindest gewisse Aktivitäten dort abbauen und verschieben.

Auch Analysten reagieren darauf: So hat etwa das US-Haus JP Morgan für beide Schweizer Grossbanken-Titel das Rating auf 'Untergewichten' und die Kursziele gesenkt. Und auch die Deutsche Bank hat ihre jeweiligen Kurserwartungen für die Papiere der hiesigen Grossbanken nach unten angepasst. Nur wenig besser halten die Papiere der Privatbank Julius Bär (-1,8%).

Abgestossen werden auch weiterhin Titel zyklischer Natur mit einem relativ grossen Geschäftsanteil in Grossbritannien. Dazu gehören etwa der Zementriese LafargeHolcim (-2,2%), der Personaldienstleister Adecco (-2,0%) oder der Reisedetailhändler Dufry (-1,8%). Auch der schweizerisch-irische Backwarenkonzern Aryzta (-1,3%) gehört in diese Kategorie.

Bester Blue Chip sind derweil die Aktien des Warenprüfers SGS (-1,1%). Hier hat Goldman Sachs Rating und Kursziel nach oben angepasst, zudem haben Berenberg und Exane BNP zumindest das Kursziel erhöht. In Zeiten zunehmender makroökonomischer Unsicherheiten kämen die defensiven Qualitäten der Warenprüfkonzerne besser zum Tragen, meint etwa die US-Bank zu ihrem Vorgehen.

Gut halten sich auch die Pharma-Schwergewichte Roche (+1,1%) und Novartis (+0,7%), die den SMI ins Positive hieven. Gesucht sind ausserdem weitere defensive Titel wie Swisscom (+1,0%), Sonova (+0,9%), Actelion (+0,7%) oder Galenica (+0,5%).

Im breiten Markt legen u.a. BC Jura (+4,6%), Wisekey (+3,9%) oder Swisquote (+2,9%) klar zu, während Züblin (-3,9%) oder Zehnder (-3,9%) deutlich an Wert verlieren. Letztere wurden von der ZKB wegen des relativ hohen Marktanteils in Grossbritannien auf 'Marktgewichten' zurückgestuft.