Ob die grosse Unsicherheit der letzten Tage am Aktienmarkt weiter anhalten wird, hängt zu einem hohen Grad von den US-Teuerungszahlen vom Mittwoch ab. Die Daten werden um 14.30 Uhr mitteleuropäische Zeit veröffentlicht. Der Markt ist sich der (plötzlichen) Wichtigkeit der Inflationszahlen bewusst: "Nachdem der Markt die Themen Inflation und Zinsanstieg zu lange ignoriert hat, dürfte er nun mit Argusaugen auf die nächsten Teuerungszahlen achten", sagt Bernd Hartmann, Chefstratege der VP Bank Gruppe, auf cash-Anfrage.

Auch Reto Lötscher, stellvertretender Leiter Finanzanalyse der Luzerner Kantonalbank (LUKB), erwartet eine "eher sensitive" Reaktion der US-Märkte auf unerwartete Neuigkeiten zur Teuerung. Falls die Inflation höher ausfalle, als dies derzeit vom Markt eingepreist ist, seien weitere Korrekturen am Aktienmarkt möglich.

Die Konsenserwartung unter Ökonomen für die US-Teuerung im Januar liegt derzeit bei 1,9 Prozent, wie Daten vom Bloomberg zeigen. Das wäre ein leichter Teuerungsrückgang, denn einen Monat zuvor betrug die Inflation noch 2,1 Prozent. Das Inflationsziel der US-Notenbank Fed liegt bei zwei Prozent.

Inflationsentwicklung in den USA seit Dezember 2016, Quelle: U.S. Boreau of Labor Statistics

Hartmann von der VP Bank hält Inflationsängste der Börsianer zwar durchaus für berechtigt, glaubt jedoch nicht, dass sich dies bereits in den Januar-Zahlen niederschlagen wird: "Die Inflation wird nicht plötzlich, sondern graduell anziehen." Wie der Gesamtmarkt geht auch er von einer leicht tieferen Inflation im Januar aus.

Drei Zinsschritte werden erwartet

Sollte die Teuerung am Mittwoch tatsächlich im Rahmen der Erwartungen - sprich um 1,9 Prozent - liegen, dürfte dies die Märkte (vorerst) etwas besänftigen und den erwarteten Zinsanhebungspfad der US-Fed bestätigen. Erwartet werden in diesem Jahr drei weitere Zinsschritte, wobei der erste an der Zinssitzung im März beschlossen werden dürfte. Aktuell befindet sich der US-Leitzins in der Bandbreite von 1,25 bis 1,5 Prozent.

Doch daneben droht den Finanzmärkten noch ein zweites Szenario, nämlich jenes mit einer (zu) hohen Inflation: "Die im Dezember beschlossene Steuerreform dürfte der Konjunktur in den USA zusätzlichen Schwung verleihen, was der Teuerung weiteren Auftrieb geben könnte", warnt Lötscher von der LUKB. Womöglich etwas zu viel Inflationsauftrieb für die US-Wirtschaft: Die erwartete Folge wäre ein höheres Tempo der US-Zinsanhebungen verbunden mit einer Korrektur am Aktienmarkt.

Aktieninvestoren, die kurzfristige Ausschläge nach unten vermeiden wollen, müssen folglich am Mittwoch auf eine US-Inflation um 1,9 Prozent hoffen. Wird dieser Wert deutlich übertroffen, dürfte es - zumindest kurzfristig - an der Börse erneut zu Turbulenzen kommen.

US-Lohnanstiege als Unruheherd

Der Dow Jones brach letzte Woche um 5,2 und der Nasdaq um 5,1 Prozent ein - es sind dies die grössten Wochenverluste seit Anfang 2016. Noch schlimmer traf es den Swiss Market Index (SMI) mit minus 5,7 Prozent.

Als Hauptauslöser für diese Korrektur wird die plötzlich aufgekommene Inflationsangst unter Anlegern geortet. Diese wurde durch die überraschend deutliche Lohnsteigerung in den USA im Januar um 2,9 Prozent verursacht.

Die Überlegung dahinter: Höhere US-Löhne kurbeln grundsätzlich die Inflation an, da dadurch mehr Geld ausgegeben wird, was die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes erhöht. Eine hohe Inflation wiederum verleitet die US-Notenbank zu schnelleren Zinsschritten, was die Wirtschaftsleistung abwürgt, die Gewinne der Unternehmen schmälert und den Aktienmärkten an Attraktivität nimmt.