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Noch bis vor kurzem stand der Schweizer Aktienmarkt bei den Banken und ihren Strategen hoch im Kurs. Egal ob bei Kepler Cheuvreux, Credit Suisse oder der Citigroup – wer auch immer etwas auf sich hielt, räumte den Aktien aus dem Swiss Market Index (SMI) ein überdurchschnittlich hohes Gewicht im Wertschriftenportefeuille ein. Dem stand die hiesige Lokalprominenz unter den Banken in Nichts nach.

Nun zeigen zuvor gefragte Valoren wie etwa jene von Roche, Logitech oder Lonza allerdings erstmals seit Monaten wieder Ermüdungserscheinungen. Selbst die Nachricht, wonach es das Partnerunternehmen Moderna mit seinem Impfstoffkandidaten gegen das Coronavirus in die engere Auswahl der amerikanischen Regierung schaffte, mobilisierte am Donnerstag bloss in der ersten Handelsstunde Käufer.

Erst vor wenigen Tagen warnte ich in diesem Zusammenhang:

Letzteres wird von UBS-Analyst Patrick Rafaisz beim Umsatz nämlich selbst im günstigsten Fall auf keine 10 Millionen Franken geschätzt. Es sind jedoch nicht bloss Gewinnmitnahmen, die den Papieren von Lonza seit wenigen Tagen zusetzen. Am letzten Freitag berichtete ich an dieser Stelle von aggressiven Sektorrotationen – und das beileibe nicht zum ersten Mal. Schon zuvor gab es Anhaltspunkte, wonach mächtige angloamerikanische Grossinvestoren ihre Aktienportefeuilles einer grundlegenden Neuausrichtung unterziehen.

Nun springen auch erste Strategen auf den rollenden Zug auf. Vor wenigen Tagen stufte der für Kepler Cheuvreux tätige Christopher Potts nicht nur die Pharma- und Nahrungsmittelaktien, sondern auch den Schweizer Aktienmarkt von "Overweight" auf "Neutral" herunter. Die konjunkturresistenten Schwergewichte Nestlé, Roche und Novartis hätten seine Pflicht erfüllt, so hielt der Stratege fest. Er sieht ab jetzt andere Titelsegmente die Rolle der Börsenlokomotive übernehmen.

Es grenzt meines Erachtens übrigens schon fast ein wenig an Ignoranz, wenn Strategen den Schweizer Aktienmarkt mit den Valoren von Nestlé, Roche und Novartis gleichsetzen. Die drei Schwergewichte sind beim SMI zwar für mehr als die Hälfte der Gesamtkapitalisierung verantwortlich. Dennoch wird auch in der Schweiz fündig, wer nach Finanzwerten oder konjunkturabhängigen Aktien sucht.

Darf man den Strategen von Merrill Lynch Glauben schenken, dann steckt die Rotation aus den Pharma- in die Bankaktien noch immer in den Kinderschuhen. Sie sind sich sicher, dass den Papieren von UBS, Credit Suisse und Co. das grosse Kursfeuerwerk erst noch bevorsteht.

Es wird umgeschichtet: Kursentwicklung der Genussscheine von Roche (rot) im Vergleich mit jener der UBS-Aktien (grün) über die letzten zwei Wochen (Quelle: www.cash.ch)

Und wenn wir schon beim Thema Bankaktien sind: Im März holte Vontobel als eine der ersten Banken – wenn nicht gar als erste überhaupt – zum Rundumschlag aus. Die Zürcher Bank strich damals über das gesamte Schweizer Anlageuniversum hinweg die Gewinnschätzungen sowie die Kursziele zusammen. Den dicken Rotstift setzte sie insbesondere bei den hiesigen Bankaktien an.

Keine vier Wochen später gab Vontobel zumindest bei Julius Bär, EFG International und VZ Holding bereits wieder Entwarnung, nachdem das Schreckensszenario ausgeblieben war.

Nun wird die Zürcher Bank zur "Wiederholungstäterin" und erhöht die Kursziele für Julius Bär (von 37 auf 44 Franken), EFG International (von 5,20 auf 6,20 Franken) und VZ Holding (von 76 auf 90) Franken erneut. Doch auch jene für Credit Suisse (von 8 auf 9,50 Franken), UBS (von 11,80 auf 13 Franken) oder Cembra Money Bank (von 112 auf 124 Franken) überarbeitet sie unter positiven Vorzeichen.

Auch die britische HSBC macht frühere Kurszielreduktionen wieder rückgängig und sagt für die Papiere von UBS und Credit Suisse neuerdings Kurse von 13 (zuvor 12) respektive 10 (zuvor 9) Franken vorher.

Wie Vontobel geben auch die Briten den Aktien der UBS ganz klar den Vorzug. Das kann ich bloss unterschreiben, ist die grösste Schweizer Bank doch fester Bestandteil meiner Schweizer Aktienfavoriten für das Börsenjahr 2020.

Unnötig zu sagen, dass die mittlerweile doch ziemlich aggressiven Sektorrotationen für die eine oder andere Übertreibung sorgen. Wie spekulationsgetrieben das hiesige Handelsgeschehen mittlerweile geworden ist, zeigt sich an den Aktien von Kudelski und GAM.

Alleine schon die Neuigkeit, dass Kudelski seine Zusammenarbeit mit dem Softwaregiganten Microsoft vertieft, liess die Valoren des Technologieunternehmens aus einem Vorort von Lausanne am Donnerstag in der Spitze um fast 20 Prozent nach oben schiessen. Nicht nur der Name des amerikanischen Softwaregiganten, auch das Schlagwort "Cyber-Security" scheint im grossen Stil Käufer zu mobilisieren. Pourvu que ça dure, würde da in der Romandie vermutlich sagen - bleibt das Unternehmen doch ein "Sorgenkind".

Spekulatives Kursfeuerwerk bei den zuvor arg gebeutelten Aktien von Kudelski (Quelle: www.cash.ch)

Beim Vermögensverwalter GAM hilft nicht nur, dass zuletzt viel ausländisches Geld in die Finanzwerte floss. Auch die vor Wochenfrist kommentierten Spekulationen rund um einen Beteiligungsausbau durch den bekannten deutschen Financier Jörg Bantleon lassen die Kurse weiter steigen.

Bereits im April schrieb ich zu diesem Thema:

Die am letzten Freitag beobachteten Aktivitäten bei Call-Warrants auf die Aktien von GAM sind längst wieder abgeebbt. Mal schauen, ob da überhaupt noch was kommt...

Lachende Dritte der Sektorrotationen sind einige mächtige angloamerikanische Grossinvestoren. Sie haben ihre Karten schon vor Wochen frühzeitig neu gemischt, können sich nun entspannt zurücklehnen und zuschauen, wie alle anderen Marktakteure ihre Portefeuilles neu ausrichten.

Auch viele Analysten müssen sich den Vorwurf gefallen lassen, die Anhaltspunkte völlig verschlafen zu haben. So auch jene von BNP Paribas. Sie stufen die als weitestgehend konjunkturresistent geltenden Aktien des Hörgeräteherstellers Sonova am heutigen Freitag von "Neutral" auf "Underperform" zurück. Weitere Umstufungen dieser Art dürften kommende Woche folgen.

Vielleicht wissen wir schon nächsten Freitag näheres, wenn es wieder heisst: Die Börsenwoche im Schnelldurchlauf.

 

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