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Erst schüttelte der Kollaps von Archegos Capital Management Freitagnacht unserer Zeit an der New Yorker Börse einige Aktien kräftig durch. Dann setzte er zu Wochenbeginn den Valoren der Credit Suisse und anderer europäischer Banken zu. In der Nacht zum heutigen Dienstag gab es dann wieder einige Opfer unter den amerikanischen Aktien – wobei wie schon am Freitag milliardenschwere Pakete zum Verkauf kamen.

Nach und nach sickern Informationen in die Medien durch, wenn vorerst auch nur bruchstückhaft. So erfährt man beispielsweise, dass der besagte Hedgefonds mit einem Hebel von acht auf dem eingebrachten Kapital arbeitete. Für mich schlichtweg unverständlich, sollten diese Informationen denn wirklich der Wahrheit entsprechen.

Die Financial Times ihrerseits meldet, dass es bereits Mitte letzte Woche Gespräche unter den betroffenen Banken gegeben habe. Doch anstatt sich wie vereinbart an eine koordinierte Veräusserung von Vermögenswerten zu halten, seien einige amerikanische Banken dann doch ausgeschert.

Anders als an der New Yorker Börse halten sich die Kursverwerfungen am Schweizer Aktienmarkt bisweilen in Grenzen. Prominentestes Opfer sind die Aktien der Credit Suisse. Doch auch jene anderer nicht direkt betroffener Vermögensverwalter wie UBS, Partners Group oder GAM wurden zu Wochenbeginn in Sippenhaft genommen.

Zwar mischen Hedgefonds vom Kaliber von Archegos Capital Management auch hierzulande kräftig mit – allerdings längst nicht auf so wenige Einzelaktien konzentriert wie das seit Jahren in New York zu beobachten ist. Mit anderen Worten: Bei uns sind Hedgefonds deutlich breiter abgestützt.

Kurzfristige Kursentwicklung der Aktien von Lonza (rot) und Zur Rose (grün) (Quelle: www.cash.ch)

Dennoch wird mir berichtet, dass Hedgefonds seit Freitag auch bei Aktien wie Zur Rose oder Lonza zum Verkauf von Titelpositionen gezwungen seien. Bisweilen bewegen sich die Kursverluste jedenfalls in einem überblickbaren Rahmen.

Ich kann mir durchaus vorstellen, dass die eine oder andere Bank angesichts der Nachrichtenlage der letzten Tage nervös geworden ist und den Geldhahn gegenüber anderen Hedgefonds zugedreht hat. Das dürfte auch am Schweizer Aktienmarkt in den nächsten Tagen noch für Nachwehen sorgen.

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Auch unter Thomas Gottstein tritt die Credit Suisse von einem finanziellen Fettnäpfchen – Thema Greensill - ins nächste. Wie die für gewöhnlich gut informierte Financial Times berichtet, könnte der Kollaps von Archegos Capital Management die kleinere der beiden Schweizer Grossbanken bis zu 4 Milliarden Dollar kosten. Genaueres wissen wir wohl erst in einigen Tagen. Wenn sich der Staub gelegt hat und sich die finanziellen Konsequenzen in Zahlen fassen lassen, wollen sich Gottstein und Co. wieder an die Öffentlichkeit wenden.

Analyst Alastair Ryan von Merrill Lynch zögerte gestern Montag jedenfalls nicht lange und stufte die Aktien der Credit Suisse mit einem Kursziel von 12,50 (zuvor 14) Franken von "Buy" auf "Neutral" herunter.

Die Aktien der Credit Suisse stürzen ab (Quelle: www.cash.ch)

Ein Schritt, den sein für Goldman Sachs tätiger Gegenspieler Jernej Omahen schon vor gut zwei Wochen vollzogen hatte. Am späten Nachmittag des 11. März watschte er die Papiere der Grossbank ebenfalls von "Buy" auf "Neutral" ab. Gleichzeitig kürzte der Analyst das Kursziel unter teils fadenscheinigen Begründungen auf 16 (zuvor 17,60) Franken.

In der mir vorliegenden Unternehmensstudie – diese ist immerhin neun Seiten stark – ist der Name Greensill nicht ein einziges Mal zu lesen. Dennoch warnte ihr Autor durch die Blume, dass aufgrund der hohen Einmalkosten der letzten Jahre auch künftig wieder mit solchen zu rechnen sei. Da fragt man sich doch: Sah man das Unheil bei Goldman Sachs schon damals nahen?

Der Analyst nimmt heute Dienstag übrigens eine weitere Kürzung seines 12-Monats-Kursziels vor. Neuerdings lautet dieses noch 14,50 (zuvor 16) Franken.

Ich muss ehrlich zugeben, dass ich nach den jüngsten Neuigkeiten ziemlich desillusioniert bin. Ende Dezember hatte ich die Aktien der Credit Suisse in Erwartung eines starken ersten Quartals auf die Liste meiner Schweizer Aktienfavoriten für 2021 gesetzt. Die hohe Abhängigkeit der Grossbank vom Investment Banking lässt seit Jahresbeginn denn auch die Kassen klingeln, wie Firmenchef Thomas Gottstein erst kürzlich durchblicken liess. Unnötig zu erwähnen, dass davon für die Aktionäre nichts übrigbleibt, weil die Risiko-Management-Abteilung wie im Fall von Greensill oder Archegos Capital Management ihre Aufgaben nicht im Griff hat.

 

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