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Keine 24 Stunden mehr, dann legt Nestlé die Umsatzzahlen vor. Will man den Analysten Glauben schenken, dann hat der Nahrungsmittelmulti aus Vevey in den ersten neun Monaten 65,8 Milliarden Franken umgesetzt. In Erwartung einer Belebung zwischen Juli und September wird mit einem organischen Wachstum von 3,2 Prozent gerechnet.
Vermutlich ist der Zahlenkranz selber am morgigen Donnerstag allerdings bloss ein Nebenschauplatz. Vielmehr gilt das Interesse den Aussagen des neuen Firmenchefs Philipp Navratil. Holt dieser zum - eigentlich längst überfälligen - Befreiungsschlag aus?
Es dürfte mehr als bloss ein Zufall sein, dass der für BNP Paribas tätige Analyst Jeff Stent sozusagen in letzter Minute noch Planspiele rund um das L'Oréal-Paket durchführt. Seinen Berechnungen zufolge liesse sich mit einer Veräusserung und einem anschliessenden Rückkauf eigener Aktien eine Gewinnverdichtung von bis zu neun Prozent erzielen. Fliesst der gesamte Erlös hingegen in eine Stärkung der Bilanz, würde dies zu einer Gewinnverwässerung von bis zu fünf Prozent führen. Im Zuge dessen würde die Nettoverschuldung von zuletzt dem 2,1-fachen operativen Jahresgewinn (EBITDA) auf gerade noch das 0,4-fache sinken.
Für den BNP-Analysten drängt sich bei Nestlé eine Reduktion der Nettoverschuldung allerdings nicht wirklich auf. Er geht deshalb davon aus, dass der Nahrungsmittelmulti – sollte das L'Oréal-Paket denn tatsächlich zum Verkauf kommen – das eine tut und das andere nicht sein lässt. Die Valoren des französischen Kosmetikherstellers verbuchen am heutigen Mittwoch im Zuge erfreulicher LVMH-Zahlen übrigens deutliche Kursgewinne. Nicht zuletzt auch deshalb wäre der Zeitpunkt für einen Befreiungsschlag bei Nestlé nicht eben ungünstig.
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Kürzlich berichtete ich davon, dass mit ABB, Implenia und Cicor gleich drei der diesjährigen Börsenüberflieger in den Tagen zuvor neue Kursrekorde feiern konnten. Eines haben diese Unternehmen und ihre Aktien gemeinsam: Sie alle bedienen zukunftsträchtige Themen, seien das nun die geplanten Infrastrukturinvestitionen, die militärische Aufrüstung Europas oder aber der Bau grosser neuer Rechencenter. Der Fantasie der Anleger sind dabei kaum Grenzen gesetzt.
Während das Erfolgsrezept der Stunde zweifelsohne «Stay with the winners» lautet, zeichnet sich bei uns am Schweizer Aktienmarkt allerdings still und leise ein neuer Trend ab – nämlich der hin zu zurückgebliebenen Aktien.
Die Aktien von Emmi scheinen die kursseitige Talsohle durchschritten zu haben (Quelle: www.cash.ch)
Für beide letzteren gingen in den vergangenen Tagen sogar erste Kaufempfehlungen ein. So stufte der für Rothschild & Co Redburn tätige Harry Dow die Valoren von Sika mit einem Kursziel von 235 (zuvor 210) Franken von «Hold» auf «Buy» herauf. Will man ihm Glauben schenken, dann dürfte die Wachstumsflaute beim Vorzeigeunternehmen aus dem steuergünstigen Baar schon bald ausgestanden sein. Das überrascht insofern, als dass nicht wenige andere Berufskollegen ihre Gewinnschätzungen und Kursziele unter negativen Vorzeichen überarbeiten.
Die Aktien von Emmi passen hingegen ins «Beuteschema» der französischen Oddo. In einer mehrere Seiten starken Unternehmensstudie nimmt ihre Autorin Fatma-Agnès Hamdani die Erstabdeckung mit «Outperform» und einem Kursziel von 930 Franken auf. Trotz ausländischer Konkurrenz wisse sich der Milchverarbeiter im Heimmarkt zu behaupten, wie die Analystin schreibt. Die Wachstumsaussichten – egal ob organisch oder anorganisch – hält sie für intakt und die Aktien nach der jüngsten Kurszäsur für unterbewertet.
Wie mir aus hiesigen Börsenkreisen berichtet wird, haben erste Leerverkäufer damit begonnen, bei ihren Wetten gegen Orior, SIG Group und Co zurückzubuchstabieren. Das Geschehen wird bei diesen Aktien folglich also eher von Deckungskäufen und weniger von Anlagekäufen bestimmt. Ob es bei einem blossen Aufbäumen bleibt – oder ob sich ein klarer Trend weg von den hiesigen Börsenüberfliegern bildet, werden die kommenden Wochen zeigen. Wenn ich in meinen etwas mehr als drei Jahrzehnten an der Börse übrigens etwas gelernt habe, dann: Dass es nicht zwingend ein Zeichen der Stärke sein muss, wenn die Anleger vermehrt zu im Kurs zurückgebliebenen Aktien greifen.
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