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Als ich kurz vor meinen Sommerferien schrieb, dass die Halbjahresberichterstattung bei uns am Schweizer Aktienmarkt für grössere Kursausschläge sorgen könnte, war mir noch nicht bewusst, wie richtig ich damit liegen sollte. Bei nicht eben wenigen der betroffenen Aktien waren sogar prozentual zweistellige Bewegungen an der Tagesordnung – wobei positive Überraschungen mit Kursgewinnen belohnt und negative Überraschungen mit Kursverlusten bestraft wurden. Eine derart launische Börsenentwicklung gab es bei uns so noch nie zu beobachten.
Selbst das Schwergewicht Nestlé wurde am Tag der Ergebnisveröffentlichung mit einem Minus von mehr als fünf Prozent abgewatscht. Auf den ersten Blick wurde der Zahlenkranz für die ersten sechs Monate den Erwartungen der Analysten zwar gerecht. Bei genauerem Hinschauen offenbarten sich dann aber gleich mehrere Schwächen.
Besonders sauer stösst dabei vor allem der wegbrechende freie Cashflow auf. Mit 2,3 Milliarden Franken hatte der Nahrungsmittelmulti aus Vevey im Jahresvergleich einen Rückgang um mehr als 40 Prozent zu beklagen. Folglich zeichnet sich schon heute ab, dass die Jahresdividende kommenden Frühling wohl nicht durch den freien Cashflow gedeckt sein dürfte.
In einer mir zugespielten Unternehmensstudie macht die für Morgan Stanley tätige Analystin Sarah Simon denn auch genau diesen Umstand zum Kernstück einer einschneidenden Reduktion des Kursziels auf 71 (zuvor 77) Franken. Simon äussert gewisse Zweifel am Turnaround unter dem neuen Firmenchef und «Nestlé-Urgestein» Laurent Freixe und hält deshalb an ihrer «Underweight» lautenden Verkaufsempfehlung fest. Nach einer Überarbeitung ihrer Gewinnschätzungen liegt die Analystin mit ihren Annahmen um durchschnittlich fünf Prozent unter jenen ihrer Berufskollegen bei anderen Banken. Allerdings geht selbst sie nicht von einer Dividendenkürzung aus.
Für mich sind und bleiben die Aktien von Nestlé eine riesengrosse Enttäuschung. Führten die Westschweizer im Februar die SMI-Gewinnerliste in der Spitze mit einem Plus von mehr als 20 Prozent noch an, weisen die Valoren fürs laufende Jahr mittlerweile sogar eine negative Kursbilanz auf. Dieser Kurszerfall kostete auch meine Schweizer Aktienfavoriten für 2025 wertvolle Punkte – zumal das Schwergewicht bereits im letzten Jahr zu den SMI-Schlusslichtern zählte.
Und obwohl das Kursdebakel bei Comet «auf den letzten paar Metern» mehr als einen Prozentpunkt an Performance kostete, errechnet sich seit Jahresbeginn immerhin ein durchschnittliches Plus von 9,2 Prozent. Dem steht ein um 6,8 Prozent höherer Swiss Performance Index (SPI) gegenüber.
Bilanz der Aktienfavoriten der letzten Jahre
Jahr | Aktienfavoriten** | SPI |
2013 | +40,1 % | +23,9 % |
2014 | +11,4 % | +15,2 % |
2015 | + 4,1 % | + 2,4 % |
2016 | - 3,7 % | - 1,7 % |
2017 | +23,6 % | +20,1 % |
2018 | - 19,1 % | - 8,8 % |
2019 | +25,4 % | +30,6 % |
2020 | + 9,8 % | + 3,1 % |
2021 | +10,0 % | +23,4 % |
2022 | - 17,2 % | - 16,5 % |
2023 | + 3,9 % | + 6,0 % |
2024 | + 7,6 % | + 7,6 % |
2025* | + 9,2 % | + 6,8 % |
* Schlusskurse vom 31. Juli 2025
** Entwicklung vor anfallenden Kosten und unter Wiederanlage der Nettodividende
Deutlich Boden gutmachen konnten jüngst die Aktien von Dätwyler und UBS. Dätwyler schnitt in den ersten sechs Monaten dieses Jahres besser als erwartet ab. Trotz starkem Franken erlitt das Unternehmen mit einem Umsatz von 563 Millionen Franken im Jahresvergleich nur einen leichten Rückgang. Der operative Gewinn (EBIT) steigerte es sogar leicht auf knapp 69 Millionen Franken. Analysten waren im Vorfeld von einem operativen Gewinn von knapp 63 Millionen Franken bei einem Umsatz von 558 Millionen Franken ausgegangen.
Die Differenz zwischen der effektiven Geschäftsentwicklung und den Erwartungen der Analysten ist vorwiegend beim Pharmazuliefergeschäft zu suchen. Allen Unkenrufen zum Trotz fallen im Geschäft mit Komponenten für Abnehmspritzen früher als gedacht erste Umsätze an. Noch gibt man sich am Hauptsitz von Dätwyler in Altdorf eher zurückhaltend. Mit Blick auf die zweite Jahreshälfte könnte das Unternehmen jedoch für positive Überraschungen gut sein. Ich orte in diesem Geschäftszweig jedenfalls ein nicht unbeträchtliches kommerzielles Potenzial.
Die UBS wusste die hohen Erwartungen an das zweite Quartal zu erfüllen. Mit 2,4 Milliarden Dollar fiel der Gruppengewinn sogar etwas höher als erhofft aus, waren Analysten doch durchschnittlich von 2,2 Milliarden Dollar ausgegangen. Mich überrascht, dass in hiesigen Börsenkreisen keine Diskussion rund um die Ergebnisqualität losgetreten wurde. Eine Steuergutschrift in Höhe von 577 Millionen Dollar und die Auflösung von Rückstellungen bei der Credit Suisse in Höhe von weiteren 427 Millionen Dollar blähten den Gruppengewinn im zweiten Quartal nämlich künstlich auf.
Während das Global Wealth Management 1,2 Milliarden Dollar vor Steuern und damit weniger als die von Analysten erwarteten 1,37 Milliarden Dollar zum Gruppengewinn beisteuerte, fiel der Gewinnbeitrag aus dem Investment Banking mit 557 Millionen Dollar vor Steuern höher als erhofft aus. Gerade im Investment Banking unterliegt die Ergebnisentwicklung seit jeher einer starken Fluktuation.
Erwähnenswert erscheint mir, dass Reuters keine 24 Stunden vor der Zahlenveröffentlichung einen Artikel veröffentlichte, wonach die UBS ihren Sitz nach London verlegen könnte, sollte die Politik in Bern bei der geplanten Verschärfung der Eigenmittelvorschriften keine Zugeständnisse machen. Im Zentrum stand dabei insbesondere die Eigenmittelunterlegung der Ausland-Töchter.
Für Bankenanalyst Peter Berger von der Basler Kantonalbank bleiben die UBS-Aktien aufgrund der soliden Geschäftsentwicklung, der robusten Bilanz und der deutlichen Unterbewertung ein Kauf. Er stuft die Valoren mit «Übergewichten» ein und kommt neuerdings sogar auf ein Kursziel von 42 (zuvor 34) Franken. Es ist dies das höchste mir bekannte Kursziel. Berger erachtet künftig jegliche Kursrücksetzer als Kaufgelegenheit.
Zusammensetzung der Aktienfavoriten per Ende Juli 2025
Titel | Anzahl | Einstand | akt. Wert* | G/V |
Barmittel | 3'757 | |||
Amrize N | 147 | 39,22 | 6'036 | + 4,7 Prozent |
Nestlé N | 147 | 75,13 | 10'452 | - 5,4 Prozent |
Roche GS | 45 | 256,43 | 11'570 | + 0,3 Prozent |
Sandoz N | 268 | 37,12 | 12'524 | +25,9 Prozent |
Sika N | 43 | 216,06 | 8'282 | - 10,9 Prozent |
UBS N | 347 | 27,66 | 10'563 | +10,0 Prozent |
Adecco N | 247 | 22,34 | 6'358 | +15,2 Prozent |
Comet N | 19 | 250,26 | 3'937 | - 17,2 Prozent |
Cosmo Pharma N | 102 | 62,15 | 5'967 | - 5,9 Prozent |
Dätwyler I | 87 | 135,30 | 12'632 | + 7,3 Prozent |
Julius Bär N | 130 | 57,73 | 7'179 | - 4,4 Prozent |
Medmix N | 482 | 8,83 | 5'765 | +35,4 Prozent |
Oerlikon N | 1'894 | 3,57 | 7'553 | +11,8 Prozent |
VAT Group N | 20 | 336,67 | 5'750 | - 14,6 Prozent |
Total | 118'325 |
* Schlusskurse vom 31. Juli 2025
Auf eine verhaltene erste Jahreshälfte blickt Sika zurück. Mit dem seit Dienstag bekannten Ergebnis wird der Bauchemiehersteller den Erwartungen nur knapp gerecht. Rückblickend hinterliess nicht zuletzt auch der starke Franken Spuren in der Umsatz- und Gewinnentwicklung. Ausserdem ist im wichtigen chinesischen Markt eine gewisse Flaute zu verspüren. Letzteres dürfte das Unternehmen dazu veranlasst haben, bei den diesjährigen Wachstumsvorgaben etwas zurückzubuchstabieren. Für mich kommt weder das eine, noch das andere überraschend – hatte sich mit Blick auf die schleppende Aktienkursentwicklung und die rückläufigen Gewinnerwartungen der Analysten eine Ergebnisenttäuschung doch schon seit Wochen abgezeichnet.
Wie die Aktien von Nestlé zählten auch jene von Sika schon im vergangenen Jahr zu den SMI-Schlusslichtern. Auf eine Kurserholung warten die Aktionärinnen und Aktionäre bis heute. Dass der Höhenflug beim Bauchemiehersteller kurz nach der milliardenschweren Übernahme der einstigen BASF-Tochter MBCC ein abruptes Ende nahm, entbehrt nicht einer gehörigen Portion Ironie. Erst wich Sika mit dem Kauf der französischen Parex und dann auch bei MBCC vom Erfolgsrezept der kleinen und gut verdaubaren Übernahmen ab. Seither ist der Wurm drin. Ich frage mich ernsthaft, was es braucht, damit die Aktien wieder zu ihrer alten Form zurückfinden. Etwas höhere Synergieeffekte aus dem MBCC-Kauf reichen da alleine wohl nicht aus.
Kommen wir an dieser Stelle noch auf Roche zu sprechen. Nicht eben wenigen meiner regelmässigen Leserinnen und Leser stösst sauer auf, dass ich immer wieder hart mit den Entscheidungsträgern am Hauptsitz in Basel ins Gericht gehe – wie zuletzt etwa beim Thema «Modernisierung der Eigenkapitalstruktur». Ich begegnete den Plänen, die Genuss- durch Partizipationsscheine zu ersetzen mit folgenden Worten:
Während sich der Umsatz in der ersten Jahreshälfte mit 30,9 Milliarden Franken im Rahmen der Analystenschätzungen bewegte, wurden letztere beim operativen Kerngewinn (EBIT) mit 12 Milliarden Franken klar übertroffen. Deswegen gleich in Jubelstimmung zu verfallen, wäre allerdings etwas gar voreilig – ist die Differenz doch tieferen Investitionen in die Forschung und Entwicklung geschuldet. Dass man dennoch «nur» an den bisherigen Zielsetzungen für das laufende Jahr festhält, spricht Bände.
Und sowieso überwogen zuletzt die Negativmeldungen aus der Forschungs- und Entwicklungsabteilung der Pharma- und Diagnostikgruppe aus Basel. Ich denke da etwa an die enttäuschenden Studienergebnisse zum Lungenmedikament Astegolimab oder den Negativentscheid der amerikanischen Arzeimittelbehörde FDA zur Erweiterung des Anwendungsgebiets für das Krebsmittel Columvi. Ausserdem sprach sich eine Experten-Kommission der europäischen Arzneimittelbehörde EMA gegen eine Marktzulassung der Gen-Therapie Elevidys aus.
Da darf auch eine vermeintliche Erfolgsmeldung zu Trontinemab nicht darüber hinwegtäuschen. Zur Erinnerung: Als Roche Anfang April erste Studienergebnisse zum Alzheimerwirkstoff vorlegte, büssten die Genussscheine innerhalb weniger Tage knapp zwölf Prozent an Kurswert ein.
Ich wünschte mir wirklich, dass ich positiveres über Roche zu berichten hätte. Aber leider gibt dies die Nachrichtenlage momentan nicht her. Und mit Blick auf die Forschungserfolge einiger Gegenspieler auf dem lukrativen Gebiet der Abnehmmittel frage ich mich, ob sich die milliardenschweren Investitionen der Basler überhaupt jemals bezahlt machen...
Transaktionen Aktienfavoriten 2025
Datum | Titel | Anzahl | Kurs | Total | ||
03.01.2025 | Nestlé N | Kauf | 144 | 74,88 | Franken | 10'783- |
03.01.2025 | Adecco N | Kauf | 241 | 22,36 | Franken | 5'389- |
03.01.2025 | Cosmo Pharma N | Kauf | 86 | 63,14 | Franken | 5'430- |
03.01.2025 | Dätwyler I | Kauf | 79 | 136,75 | Franken | 10'803- |
03.01.2025 | Medmix N | Kauf | 591 | 8,80 | Franken | 5'201- |
03.01.2025 | Roche GS | Kauf | 43 | 255,50 | Franken | 10'987- |
03.01.2025 | Sandoz N | Kauf | 290 | 37,17 | Franken | 10'779- |
03.01.2025 | Sika N | Kauf | 40 | 215,90 | Franken | 8'636- |
03.01.2025 | UBS N | Kauf | 311 | 27,83 | Franken | 8'655- |
03.01.2025 | Baloise N | Kauf | 52 | 165,71 | Franken | 8'617- |
03.01.2025 | Julius Bär N | Kauf | 109 | 58,66 | Franken | 6'394- |
03.01.2025 | Oerlikon N | Kauf | 1'825 | 3,56 | Franken | 6'497- |
03.01.2025 | SoftwareOne N | Kauf | 701 | 6,18 | Franken | 4'332- |
20.03.2025 | Dätwyler I | Kauf | 1 | 122,00 | Franken | 122- |
27.03.2025 | Sika N | Kauf | 1 | 221,90 | Franken | 222- |
27.03.2025 | Roche GS | Kauf | 1 | 293,60 | Franken | 294- |
03.04.2025 | Oerlikon N | Kauf | 62 | 3,78 | Franken | 234- |
14.04.2025 | Julius Bär N | Kauf | 3 | 48,20 | Franken | 145- |
15.04.2025 | UBS N | Kauf | 6 | 22,80 | Franken | 137- |
17.04.2025 | Sandoz N | Kauf | 3 | 32,50 | Franken | 98- |
22.04.2025 | Nestlé N | Kauf | 3 | 86,89 | Franken | 261- |
23.04.2025 | Adecco N | Kauf | 7 | 21,80 | Franken | 153- |
25.04.2025 | Medmix N | Kauf | 19 | 9.85 | Franken | 187- |
29.04.2025 | Baloise N | Kauf | 1 | 179,30 | Franken | 179- |
20.05.2025 | SoftwareOne N | Kauf | 30 | 6,95 | Franken | 209- |
27.06.2025 | Amrize N | Kauf | 132 | 39,18 | Franken | 5'172- |
30.06.2025 | Roche GS | Kauf | 1 | 259,23 | Franken | 259- |
30.06.2025 | Sandoz N | Verkauf | 25 | 43,33 | Franken | 1'083+ |
30.06.2025 | Sika N | Kauf | 2 | 216,40 | Franken | 433- |
30.06.2025 | UBS Group N | Kauf | 30 | 26,89 | Franken | 807- |
30.06.2025 | Adecco N | Verkauf | 1 | 23,55 | Franken | 24+ |
30.06.2025 | Baloise N | Verkauf | 53 | 187,08 | Franken | 9'915+ |
30.06.2025 | Cosmo Pharma N | Kauf | 14 | 57,11 | Franken | 800- |
30.06.2025 | Dätwyler I | Kauf | 7 | 120,81 | Franken | 846- |
30.06.2025 | Julius Bär N | Kauf | 18 | 53,72 | Franken | 967- |
30.06.2025 | Medmix N | Verkauf | 128 | 12,06 | Franken | 1'544+ |
30.06.2025 | Oerlikon N | Kauf | 131 | 3,68 | Franken | 482- |
30.06.2025 | SoftwareOne N | Verkauf | 731 | 7,78 | Franken | 5'687+ |
30.06.2025 | Amrize N | Kauf | 15 | 39,54 | Franken | 593- |
30.06.2025 | VAT Group N | Kauf | 20 | 336,67 | Franken | 6'733- |
30.06.2025 | Comet N | Kauf | 19 | 250,26 | Franken | 4'755- |
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1 Kommentar
Ich finde es sehr lobenswert, dass hier so offen berichtet wird.
Aber.. die Gesamtperformance der "Aktienfavoriten" seit 2013 beträgt (nach eigenen Angaben in der Tabelle)
105.1%, die des SPI aber 112.1%.
Was einmal mehr beweist, dass es schwierig ist, einen Index zu schlagen...