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Als Fondsmanager oder Vermögensverwalter den Schweizer Aktienmarkt zu schlagen war in den letzten Jahren eigentlich gar nicht mal so schwierig – sofern man denn frei in seiner Titelwahl war. Das Erfolgsrezept schien denkbar einfach: Man mache einen grossen Bogen um die genauso "schwerfälligen" wie auch "langweiligen" Valoren von Nestlé, Roche und Novartis und setze stattdessen auf jene aufstrebender Wachstumsunternehmen wie etwa Straumann oder die Partners Group.

So überraschte nicht, dass die hiesigen Indexschwergewichte ein Mauerblümchen-Dasein fristeten und gleichzeitig Millionen und Abermillionen in die Aktien von Straumann, Partners Group und Co flossen.

Doch nun scheint dieser Trend gedreht zu haben. Wie so oft, wenn es an den Aktienmärkten turbulent zu und her geht, sind Attribute wie "schwerfällig" oder "langweilig" und damit auch die hiesigen Indexschwergewichte urplötzlich wieder gefragt.

Gleichzeitig bescherten die Valoren aufstrebender Wachstumsunternehmen letzteren seit Jahresbeginn schmerzhafte Kursverluste. Beim Swiss Market Index (SMI) präsentiert sich den erfolgsverwöhnten Aktionärinnen und Aktionären der Partners Group ein ziemlich ungewohntes Bild: Dem Risikokapitalspezialist aus Baar wird die undankbare Rolle des diesjährigen Schlusslichts zuteil. Beim breiter gefassten Swiss Leaders Index (SLI) hält hingegen Weltmarktführer Straumann die Schlusslaterne. Auch das ist eine ziemlich ungewöhnliche Rolle, an die sich das Vorzeigeunternehmen aus Basel wohl erst einmal gewöhnen muss.

Die Aktien von Straumann (grün) liessen den Swiss Leaders Index (rot) über lange Jahre weit hinter sich zurück (Quelle: www.cash.ch)

Wer nun denkt, dass das Erfolgsrezept der letzten Jahre erst mit der Eskalation im Ukraine-Konflikt einen Todesstoss erhalten hat, der irrt gewaltig. Bei der Partners Group etwa geht das Rekordhoch auf Mitte November, bei Straumann sogar auf Anfang November zurück. Andere Überfliegeraktien der letzten Jahre haben ihren Höhepunkt noch viel früher durchschritten – ich denke da etwa an die Valoren von Zur Rose.

Ziemlich genau ein Jahr ist es her, als die Kurse bei Zur Rose innerhalb von nur wenigen Wochen von 300 auf über 500 Franken hochschossen. Es hiess damals in Börsenkreisen, man könne die Aktien der Versandapotheke blindlings kaufen und eigentlich gar nichts falsch machen. Jetzt, bei Kursen unter 140 Franken, scheint kein Hahn mehr danach zu krähen.

Ähnliches lässt sich auch bei vielen anderen Schweizer Börsenüberfliegern der letzten Jahre beobachten – darunter auch bei Straumann und der Partners Group. Das mag ziemlich paradox anmuten – aber so ist die Börse halt nun mal.

Ich muss mich da übrigens selber ein bisschen an der Nase nehmen, räume ich bei meinen Schweizer Aktienfavoriten für 2022 mit Ausnahme von Novartis doch keinem der beiden anderen Indexschwergewichte überhaupt ein Gewicht ein. Das rächt sich nun leider – zumindest kurzfristig.

Nach dem Kursdebakel der letzten Tage ziehe ich nun das eigentlich erst für Ende März geplante "Rebalancing" vor. Das heisst: Sämtliche Titelpositionen erhalten nun wieder ihre ursprüngliche Gewichtung.

Gleichzeitig kürze ich die Gewichtung beim Schwergewicht Novartis von 15 auf 10 Prozent. Im Gegenzug erhöhe ich jene der Aktien von Logitech und Zur Rose von 7,5 auf 10 Prozent beziehungsweise von 5 auf 7,5 Prozent.

Rebalancing

DatumTitel AnzahlKurs Total
07.03.2022Oerlikon NKauf    223    6,63Franken  1'478,49-
07.03.2022Zur Rose NKauf      29133,65Franken  3'875,85-
07.03.2022Stadler Rail NKauf      22  30,08Franken      661,76-
07.03.2022Helvetia NVerkauf        8  96,65Franken     773,20+
07.03.2022Logitech NKauf      34  65,52Franken  2'227,68-
07.03.2022Credit Suisse NKauf   190    6,46Franken  1'227,40-
07.03.2022Zurich IG NVerkauf        3380,80Franken  1'142,40+
07.03.2022Holcim NVerkauf      11  40,16Franken     441,76+
07.03.2022Novartis NVerkauf      86  75,92Franken  6'529,12+


Apropos Zur Rose: Der Kurszerfall beim einstigen Börsenüberflieger nimmt immer dramatischere Züge an – und das, obwohl die Leerverkäufer ihre Wetten gegen die Versandapotheke zuletzt deutlich zurückgefahren haben. Wie Erhebungen der Beratungsfirma IHS Markit zeigen, wurde Ende Februar "nur" noch mit 18,4 Prozent aller ausstehenden Aktien auf rückläufige Kurse spekuliert. Vier Wochen zuvor waren es noch 21,6 Prozent, wobei es sich bei einem geschätzten Drittel der leerverkauften Aktien um Absicherungstransaktionen seitens von Wandelanleihegläubigern handeln dürfte.

Der steile Aufstieg und der tiefe Fall der Zur-Rose-Aktien seit Januar 2021 (Quelle: www.cash.ch)

Es gibt allerdings einen Grund für das jüngste Kursdebakel, fallen die Aktien der Versandapotheke per 21. März doch aus dem viel beachteten Stoxx Europe 600 Index. Bis dahin müssen sich indexorientierte Grossinvestoren sowie die Anbieter von strukturierten Indexprodukten oder Indexfonds von ihren Titelbeständen trennen.

Ein zweifacher Trost bleibt den Aktionärinnen und Aktionären von Zur Rose an dieser Stelle: Zum einen durchschreiten Aktien die kursseitige Talsohle nicht selten schon vor dem eigentlichen Termin der Indexanpassung und zum anderen setzt danach oft eine kräftige Gegenbewegung ein - im vorliegenden Fall dann wohl mit positiven Vorzeichen.

 

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