Nachdem die Europäische Zentralbank EZB signalisiert hat, die Zinsen im Juli anzuheben, sind Dividenden-Titel bei vielen Top-Strategen der Wall Street in der Gunst gestiegen. So werden in einem Klima hoher makroökonomischer Volatilität Dividenden nach Ansicht von Goldman Sachs zu einem wichtigen Renditetreiber. 

Nachdem der MSCI Europe High-Dividend Yield Index seit 2019 dem breiten Markt hinterherhinkte, ist er in diesem Jahr bisher um mehr als 5 Prozent gestiegen. Im Vergleich dazu ist der breitere MSCI Europe Index aufgrund von Rezessionsängsten um mehr als 7 Prozent gefallen.

Der Aufschwung folgt auf zwei Jahre rätselhafter Underperformance, in denen Aktien mit hohen Ausschüttungen aufgrund der weltweit stark negativen Realrenditen theoretisch gefragt gewesen wären. Nach Ansicht der Goldman-Strategen um Guillaume Jaisson lag ein Grund dafür darin, dass "sich viele als 'Wertfallen' entpuppten, während fallende Anleiherenditen Wachstumsaktien Auftrieb gaben." 

Mit der diesjährigen Sektorrotation von hoch bewerteten Wachstumstiteln hin zu günstigeren Value-Aktien hat sich das Blatt gewendet. Hohe Dividendenrenditen gehörten bisher in diesem Jahr zu den Value-Faktoren mit der besten Performance in Europa. Und es wird erwartet, dass die Region ihre Outperformance gegenüber den US-Dividendenrenditen beibehalten wird.

"Dividendenbringende Value-Aktien sind billig und die Zuflüsse in Dividendenfonds haben angehalten", sagen die Strategen der Credit Suisse, darunter Andrew Garthwaite. Sie bevorzugen so genannte Dividendenaristokraten, die ein beständiges Ausschüttungswachstum aufweisen, auch wenn sie Value-Aktien als Benchmark heranziehen. Sie nennen Sanofi, Unilever, Diageo, Air Products und Coca-Cola als Beispiele. 

Paulina Strzelinska, quantitative Strategin bei der Bank of America, sieht Aegon, ASR Nederland, Bayer, Bellway und Dometic an der Spitze der europäischen Unternehmen, die im Jahr 2022 sowohl hohe als auch stabile Dividendenrenditen zahlen werden. 

Die Strategen von Goldman Sachs empfehlen, sich auf vier Arten in Dividendenwerten zu engagieren:

  • Energie- und Banktitel, die den grössten Beitrag zum erwarteten 10-prozentigen Wachstum der Stoxx-600-Dividenden im Jahr 2022 leisten dürften.
  • Defensivwerte wie Telenor, Legal & General, Fortum und Electrolux, die in den letzten zehn Jahren kontinuierlich Dividenden gezahlt haben und von denen einige eine Rendite von mehr als 4 Prozent aufweisen.
  • Substanzwerte wie BMW, Holcim und Anglo American, die im von Goldman Sachs erstellten Korb für hohe Dividendenrenditen erscheinen. Der Median des Warenkorbs weist eine 12-Monats-Dividendenrendite von 5 Prozent gegenüber 3 Prozent für den Stoxx 600 auf, so die Strategen.
  • Wachstumswerte wie BBVA, LVMH und OMV mit einer Mischung aus starkem Dividendenwachstum und hohen Renditen. 

Unter den europäischen Sektoren bieten Bergbauunternehmen mit 7,1 Prozent die höchste Dividendenrendite. Diese ist mehr als doppelt so hoch wie die des Stoxx 600, was auf die gestiegenen Metallpreise zurückzuführen ist. Ein weiterer Lichtblick sind die europäische Banken, die eine Rendite von 5,5 Prozent aufweisen.

(Bloomberg/cash)