Das Rätselraten über die US-Konjunktur und ihren Einfluss auf die Geldpolitik geht in der neuen Börsenwoche weiter. «Nach zwei sehr enttäuschenden US-Arbeitsmarktberichten könnten die nächsten Daten etwas besser ausfallen», prognostizieren die Commerzbank-Ökonomen. Trotz des jüngsten Einbruchs bei der Anzahl neu geschaffener Stellen, der Anfang September neue Rezessionsängste ausgelöst und die Börsen stark belastet hatte, zeigte der US-Arbeitsmarkt zuletzt Zeichen einer Erholung: Die Anzahl der wöchentlichen Erstanträge auf US-Arbeitslosenhilfe fiel zuletzt geringer als erwartet aus.
Eine Erleichterungsrally blieb jedoch aus, denn die Anleger konzentrierten sich Experten zufolge auf die Auswirkungen der jüngsten Entwicklung auf den künftigen Kurs der US-Notenbank Fed. Die Währungshüter um Fed-Chef Jerome Powell versuchen, mit erhöhten Zinsen die Inflation zu drücken, ohne der Wirtschaft allzu stark zuzusetzen.
Die US-Notenbank senkte bei ihrer Sitzung am 18. September erstmals im laufenden Jahr den Leitzins und stellte weitere Lockerungen in Aussicht. Angesichts der jüngsten US-Konjunkturdaten fangen Börsianer jedoch an, an baldigen weiteren Schritten nach unten zu zweifeln. «Die Fed steckt wegen ihres Doppelmandats in einem Dilemma», schreiben die Experten der Helaba. «Während sich das Bild am Arbeitsmarkt eher eintrübt, obwohl die Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe gestern überraschend deutlich gesunken sind, ist das Risiko für die Inflation nach oben gerichtet.» Der Dax schlug in der alten Woche dementsprechend einen Zickzackkurs ein. Am Freitagnachmittag lag er mit 23'687 Punkten 0,3 Prozent über dem Vorwochenschluss.
Weniger gut konnte sich der Swiss Market Index (SMI) in Szene setzen. Der Schweizer Leitindex verlor im Wochenverlauf 1,5 Prozent. Damit schmolz der Gewinn seit Anfang 2025 auf 2,8 Prozent zusammen.
Am Schweizer Kapitalmarkt ist die Agenda in der letzten Septemberwoche mit Übergang in den Oktober ruhig. Am Montag steht der KOF Consensus Forecast auf dem Programm und Ypsomed hält den Kapitalmarkttag ab. Einen Tag späteren legen Airesis, CI Com und Youngtimers die Ergebnisse für das erste Halbjahr vor. Am Donnerstag folgen die Konsumentenpreise und Teuerungsdaten für September.
In der vergangenen Börsenwoche haben unter anderem DocMorris, OC Oerlikon und SIG Group auf einem neuen Allzeittief geschlossen. Das gilt auch für Amrize und SMG, welche ihr Börsendebüt in diesem Jahr gaben. Auf ein neues Allzeithoch schaffte es bis am Freitag kein Titel. Einzig BVZ Holding, Luzerner Kantonalbank und die Aktien der SNB schlossen auf einem 52-Wochen-Hoch.
Zölle und möglicher Shutdown im Blick
Die Veröffentlichung des US-Arbeitsmarktberichts für September ist für Freitag geplant. Von Reuters befragte Experten rechnen für diesen Monat mit 48.000 neu geschaffenen Stellen ausserhalb der US-Landwirtschaft, nach 22.000 im August. Einen Vorgeschmack auf die offiziellen Beschäftigtendaten liefern am Mittwoch die Zahlen der privaten US-Arbeitsagentur ADP. Am Donnerstag werden zudem die wöchentlichen Zahlen zu den Erstanträgen auf Arbeitslosenhilfe vorgelegt.
«Was nicht in den Daten enthalten ist, sind die von US-Präsident Donald Trump spontan verhängten Strafzölle», warnt Stratege Jürgen Molnar vom Broker RoboMarkets. Zusätzlich bleibe das Risiko eines Shutdowns in den USA präsent. Der US-Senat nimmt am Montag nach einer einwöchigen Pause die Arbeit wieder auf und hat zwei Tage, um eine Verlängerung der Staatsfinanzierung zu beschliessen oder einen teilweisen Stillstand der Regierungsbehörden auszulösen. Das Haushaltsbüro des Weissen Hauses hat zugleich die Behörden angewiesen, Pläne für einen Personalabbau zu erstellen, falls es nächste Woche zu einem solchen Stillstand kommt.
Ein Treffen zwischen Trump und den Demokraten vor dem Stichtag am 1. Oktober ist nicht geplant. «Sollte sich hieran über das Wochenende nichts mehr ändern, wäre das entscheidende Thema mit Abwärtspotenzial für die kommende Börsenwoche sicherlich gesetzt», kommentiert Molnar.
EU-Inflation dürfte steigen
Im Fokus stehen zudem die Daten zur Entwicklung der Inflation in der Euro-Zone im September. Am Dienstag warten Anleger auf die Zahlen für Deutschland, zur Wochenmitte folgt der Bericht für den gesamten Euroraum. Die Teuerungsrate dürfte laut Experten erneut leicht über dem Zielwert der Europäischen Zentralbank (EZB) von zwei Prozent liegen.
Darüber hinaus stehen am Montag unter anderem Daten zum Geschäfts- und Konsumklima im Euroraum an. Am Dienstag blicken Börsianer auf die Importpreise und Einzelhandelsumsätze in Deutschland im August. Zur Wochenmitte rückt der Einkaufsmanagerindex für die US-Industrie im September in den Mittelpunkt. Zum Wochenschluss folgen die Einkaufsmanagerindizes für den europäischen Dienstleistungssektor im vergangenen Monat.
(Reuters/cash)