Marktstrategen gaben sich zu Beginn des Jahres mit ihren Börsenprognosen zurückhaltend. Zu viele Unbekannte standen im Raum: Es war unklar, inwieweit die neue Regierung im Weissen Haus ihre wirtschaftsprotektionistischen Wahlversprechen durchsetzen, welche Auswirkungen das sinkende Zinsumfeld haben und wie sich die geopolitischen Konflikte auf die Weltwirtschaft auswirken würden.
Sechs turbulente Börsenmonate später steht fest: Trotz verschärfter geopolitischer Risiken und bestehender Unsicherheit wegen der US-Zollpolitik hat sich an den weltweiten Börsen allmählich eine freundliche Stimmung breitgemacht.
In der ersten Jahreshälfte 2025 markierten verschiedene Länderindizes neue Höchststände. Allen voran die US-Börse: Der Nasdaq 100 erreichte zuletzt ein neues Rekordhoch und legte in der ersten Hälfte des Jahres um sieben Prozent zu. Der marktbreite S&P 500 kratzte zum Wochenende ebenfalls an seiner Bestmarke und legte auf sechsmonatiger Sicht um 4,7 Prozent zu. Der global am meisten beachtete Index, der Dow Jones, gewann mit 2,3 Prozent gemächlicher dazu.
Im Vergleich zu den Indizes im Euroraum (Euro Stoxx 50 +7 Prozent und DAX +18 Prozent) kletterte die Schweizer Börse im abgelaufenen Halbjahr langsamer nach oben. Das Plus beim SMI steht bei 2,4 Prozent, beim SPI bei 6,4 Prozent.
12 von 21 SMI-Aktien im Plus
Zwölf der derzeit 21 SMI-Titel können eine positive Halbjahresbilanz im Leitindex verzeichnen. An der Spitze liegen die beiden Werte aus dem Bausektor: Holcim mit einem Plus von 29 Prozent und Geberit mit einem Plus von 21 Prozent. Den Aktienkurs von Holcim beflügelten zum einen die Abspaltung des Nordamerika-Geschäfts, das mit Amrize als Spinn-off an der Börse debütierte. Zum anderen das erwartete mittelfristige Wachstumspotenzial, gestützt durch die wiederbelebte Baukonjunktur in Europa. Am Freitagmittag kostete eine Aktie 58,90 Franken.
Auch Geberit profitiert von der Trendwende in der europäischen Bauwirtschaft, allen voran in Deutschland, das in den kommenden Jahren rund 500 Milliarden Euro in die Infrastruktur investieren will. Ob Geberit aus den guten Aussichten Kapital schlagen kann, wird sich mit den Halbjahreszahlen zeigen. Der breite Analystenkonsens zeigt sich jedoch verhaltener und schätzt das Kurspotenzial bis Ende Jahr bei minus 12,6 Prozent.
Roche und Zurich hinter Konkurrenz
Von den drei Versicherungsgesellschaften performte Swiss Life am besten. Die Lebensversicherungsgesellschaft legte gut 15 Prozent zu. Bei Swiss Re und Zurich dürfte das Lebensversicherungsgeschäft stärker ausgefallen sein, zugleich dürfte die Belastung an Naturkatastrophenschäden höher erwartet werden. Die Titel legen weniger stark zu mit 4,2 Prozent respektive 3,16 Prozent. Fürs kommende Halbjahr sehen die Analysten sowohl bei Swiss Re (+9,6 Prozent) als auch Zurich (+1,1 Prozent). Hingegen bei Swiss Life scheint der Markt den positiven Geschäftsverlauf eingepreist zu haben und rechnet bis Jahresende mit einem negativen Kurspotential von -2,5 Prozent.
Die beiden Pharmariesen verbuchen ebenfalls ein Plus in ihrer halbjährlichen Börsenbilanz, wobei Novartis (+9,4 Prozent) gegenüber Roche (+3,3 Prozent) die Nase vorn hat. Zwar kündigten beide milliardenschwere Investitionen in den USA an. Doch Roche bangt offenbar, dass sich diese nicht rechnen. Denn US-Präsident Trump peilt deutlich tiefere Medikamentenpreise an, und weil Roche rund die Hälfte ihres Umsatzes in Übersee erwirtschaftet, scheinen Investoren in den letzten Monaten auf Novartis umgeschichtet zu haben.
Bei Nestlé, dem dritten SMI-Schwergewicht, verzeichnet das Unternehmen nach wie vor eine positive Halbjahresperformance (+6,6 Prozent), trotz jüngst anhaltendem Abwärtstrend.Analysten sehen das Joint Venture Cereal Partners mit Nestlés US-Partner sowie die andauernden Probleme mit der Wassersparte, als Belastung.
Die Rangliste der SMI-Titel im ersten Halbjahr 2025
Drei Sorgenkinder am SMI
Weniger gut verliefen die ersten sechs Monate für die noch einzig verbleibende Schweizer Grossbank. Die UBS büsste am SMI insgesamt 3,1 Prozent ein. Das Hin und Her mit dem Bundesrat über die Eigenkapitalvorschriften hat die Performance gedrückt und dürfte dies auch in Zukunft noch tun. Trotz vorliegendem Bundesratsentscheid, wird das Parlament das letzte Wort haben. Und das wird bekanntlich Zeit beanspruchen. Ob der Markt die Unsicherheiten bereits eingepreist hat, hat vergangene Woche Andreas Venditti, Researchchef bei der Bank Vontobel im Interview mit cash.ch erläutert.
Am unteren Ende des Tableaus steht der Kühne+Nagel. Im ersten Halbjahr 2025 verlorendie Titel des Logistikkonzerns 16,8 Prozent und verharren auf tiefem Niveau. Eine Aktie kostete im Freitagshandel 171,5 Franken. Nach wie vor herrscht wegen eines drohenden Rückgangs der weltweiten Handelsvolumina grosse Unsicherheit in der Logistik-Branche, ausgelöst durch geopolitische Entwicklungen und Trumps Strafzöllen.
Die rote Laterne hält Sonova. Die Kursverluste des Hörgeräte-Spezialisten aus Stäfa betragen fast 19 Prozent. Sonova steckt nach einem schwierigen Geschäftsjahr 2024/2025 weiterhin in turbulenten Zeiten. Und mittendrin wird es zu einem Chefwechsel kommen. Der scheidende CEO äussert besondere Sorgen über die US-Konsumenten, da globale Krisenherde zu wachsenden Inflationsängsten bei den Kunden führen und rechnet mit einem unterdurchschnittlichen Wachstum.
Rüstungsboom befeuert Titel von Cicor
Am breiten Markt schwingt Cicor (+160 Prozent) obenaus und erreicht derzeit täglich neue Höchstkurse. Am Freitag kostete ein Titel des Technologieunternehmens 153 Franken. Cicor gilt als Zulieferer unter anderem für die Luft- und Raumfahrt als Profiteur der steigenden Rüstungsausgaben. Laut den zuständigen Analysten habe der Rüstungsboom gerade erst richtig begonnen und es mehrheitlich mit neu mit «Outperform» einstufen.
Das Biotechunternehmen Idorsia,hat sich vom Pennystock Ende letzten Jahres im Verlauf der ersten sechs Monate am SPI hervorgearbeitet. Der Kurs legt um knapp 147 Prozent zu. Das frische Kapital sowie die Entwicklungen hinsichtlich des Schlafmittels Quviviq und mit Srishti Gupta als neue CEO haben den Ausblick für Unternehmen verbessert.
Die besten und schlechtesten SPI-Performer im ersten Halbjahr 2025
Leerverkäufe und grosse Umstrukturierung
Die Kapitalspritze bei der Onlineapotheke DocMorris hat ihre Wirkung offenbar verfehlt. Die Aktien geben mehr als ein Drittel seit Jahresbeginn ab. Einerseits dürften verschiedene Investoren zu Verlustverkäufen geschritten sein, weil die Kurserholung ausblieb. Andererseits könnte die Kapitalerhöhung einmal mehr Leerverkäufer auf den Plan gerufen haben.
Auf den beiden letzten Rängen ist bemerkenswert, dass Orior mit 68 Prozent Kursverlust schlechter abschneidet als die Solarfirma Meyer Burger (63,7 Prozent), die seit Anfang Juni vom Börsenhandel ausgesetzt ist und in den USA Insolvenz beantragt hat.
Orior hat jüngst verkündet, eine grössere Umstrukturierung durchzuführen. Damit will der Fleischverarbeiter die Verschuldung rasch senken, um wieder dividendenfähig zu werden. Ob das straffe Massnahmenpaket die erhoffte Wirkung bringt, hängt laut den Analysten sowohl vom Management als auch von exogenen Faktoren wie den Marktbedingungen, dem Kundenverhalten und dem regulatorischen Rahmen ab.
Welche Aktien im zweiten Halbjahr aufholen oder Kursgewinne abgeben müssen, hängt primär von den Zollverhandlungen zwischen der Schweiz und den USA ab. Ansonsten gelten ab dem 9. Juli Zölle auf in die USA exportierte Güter von 31 Prozent anstelle der bisherigen zehn. Auch die geopolitischen Risiken und Entwicklungen am Devisenmarkt sind zurzeit schwer abschätzbar. Eine zweite, zumindest zu Beginn, unklare Hälfte an den Börsen steht bevor.