Im Gefolge der Coronavirus-Krise fürchten Anleger unter anderem um eine ganz spezifische Einnahmequelle: Dividenden, denn diese sind in Zeiten von lockerer Geldpolitik zum Zinsersatz geworden. Viele Firmen, auch Schweizer Konzerne, haben Dividenden gestrichen, gekürzt, oder sie zahlen den Gewinnanteil den Aktionären nur noch gestaffelt aus.
Gelassener sieht man die Lage beim britischen Fonds "Murray Income", einem Trust-Fonds, der heute unter dem Dach von Aberdeen Standard zuhause ist. Der seit 1923 bestehende Fonds ist berühmt dafür, in den vergangenen 46 Jahren bei der Dividende für die Anteilseigner stets gewachsen zu sein.
Das Vereinigte Königreich leidet schwer an der Krise. Der Lockdown auf der Insel dauerte länger als etwa in der Schweiz. Das Land steckt in einer Rezession, von der viele denken, dass sie nicht rasch überwunden wird. Ausserdem ist immer noch unklar, wie das Land Ende Jahr endgültig aus der EU auscheiden wird. Am britischen Aktienmarkt geht man davon aus, dass die Unternehmen angesichts der wirtschaftlichen Einbrüche in der Folge der Coronaviruskrise die Dividenden um 40 Prozent kürzen könnten.
Das Geheimnis heisst: Defensiv und Qualität
Murray Income erwartet aber nur 15 Prozent weniger Dividendeneinkommen bei den eigenen Investments. "In früheren Jahren haben wir Mindereinnahmen gegenüber Investoren immer mithilfe der Cash-Positionen des Fonds ausgeglichen, und wir werden dies dieses Jahr wohl auch so machen", sagte Fondsmanager Charles Luke in einem Interview mit der Tageszeitung "The Daily Telegraph".
Der Fonds hat seit Anfang Jahr 13 Prozent an Wert verloren, während der ganze Aktienmarkt im Vereinigten Königreich 18 Prozent eingebüsst hat. Der Fonds ist weniger in Ölgesellschaften und Banken investiert, welche die grössten Einschnitte bei den Dividenden vorgenommen haben: "Dies ist so, weil wir unser Risiko verteilen möchten und wir nicht sicher sind, was die Zukunft des Öls betrifft", sagt Luke.
Murray Income sucht Firmen mit einem guten Management, hohen Liquiditätsposten und wenig Schulden. Unter den grössten Positionen sind die Pharmakonzerne AstraZeneca, GlaxoSmithKline und auch die Basler Roche. Pharma-Aktien sind in den vergangenen Jahren auch als Dividendenzahler beliebt geworden, und Roche ist bekannt dafür, seinerseits die Dividende Jahr für Jahr zu erhöhen. Dazu kommen bei Murray Income schwergewichtig auch Konsumgüterunternehmen wie der Getränkespezialist Diageo, Unilever oder British American Tobacco sowie die Bergbaukonzerne BHP Group und Rio Tinto.
Interessant sind auch Gin und Tech
Eine Aktie, die der Fonds zum Zuge der Krise sehr billig erworben hat, ist Fever-Tree, der stark aufstrebenden Hersteller von Tonic Water, der auf der weltweiten Beliebtheit von Gin & Tonics surft. Als beste Langzeit-Aktie – seit 2006 – erachtet Luke den Nestlé-Konkurrenten Unilever, wo sich die ursprüngliche Anlagesumme für den Fonds vervierfacht hat.
Interessantes Investment im Moment sei aber Aveva: Diese Firma aus Cambridge entwickelt Software für Ingenieure und ist das britische Tech-Paradepferd. "Das Unternehmen hat seinen Wert mehr als verdoppelt, seit wir 2017 investiert haben", sagt Luke.
Dass Murray Trust aber auch mal daneben greift und Firmen kauft, die nicht den eigenen Ansprüchen genügen, zeigt Provident Financial. Der englische Supprime-Kreditgeber war in Skandale verwickelt und verringerte seinen Börsenwert vor drei Jahren mit einer Gewinnwarnung an einem Tag um zwei Drittel: "Wir verkauften dann alles, und der Kurs fiel danach noch tiefer. Aber wir verloren trotzdem viel Geld", so Luke.