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Bereits am letzten Donnerstag berichtete ich von Beteiligungsveränderungen bedeutender Aktionäre bei Santhera, PolyPeptide und Rieter, von denen Signalwirkung für die Mitaktionäre ausgeht. Doch nur der Beteiligungsnahme der Capital Group am Börsendebütanten PolyPeptide lag damals ein Erwerb von Aktien zugrunde.

Rückläufig war zuletzt auch der Stimmenanteil des Singapurer Staatsfonds GIC bei Dufry. Neuerdings hält der Stadtstaat weniger als 3 (zuvor 3,9) Prozent der Stimmen. Wie bei der Milliardärsfamilie Bertarelli bei Santhera trennte man sich jedoch nicht von Aktien. Vielmehr griff der Grossaktionär nicht zu, als der Reisehandelskonzern aus Basel kürzlich eine Wandelanleihe ausgab.

Das darf allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich ausländische Grossinvestoren am Schweizer Aktienmarkt auf dem Rückzug befinden. Bislang wurde vor allem angelsächsischen Momentum-Investoren nachgesagt, sich still und leise aus gut gelaufenen Aktien – etwa jenen des Börsenüberfliegers Zur Rose - zurückzuziehen. Doch nun verdichten sich die Anhaltspunkte, wonach auch andere Grossinvestoren vermehrt Kasse machen.

Unter ihnen ist auch der bekannte Substanzinvestor Tweedy Browne. Wie Offenlegungsmeldungen an die Schweizer Börse SIX entnommen werden kann, haben sich die Amerikaner gerade bei Coltene von Aktien getrennt. Neuerdings halten sie weniger als 3 (zuvor 4,8) Prozent am Anbieter von dentalen Verbrauchsmaterialien.

Der Zeitpunkt könnte besser kaum sein, haben sich die Papiere doch alleine seit Mitte Dezember nahezu im Kurs verdoppelt. Dass bei 134 Franken rund um die Beteiligungsreduktion neue Rekorde verzeichnet werden konnten, entbehrt nicht einer gewissen Ironie.

Beeindruckender Höhenflug der Coltene-Aktien über die letzten 12 Monate (Quelle: www.cash.ch)

Ob Tweedy Browne auch bei anderen Unternehmen aus der Schweiz auf dem Rückzug ist, darüber lässt sich bloss mutmassen. Bekannt ist, dass die Amerikaner auch am Industrieunternehmen Phoenix Mecano sowie am Medienkonzern TX Group beteiligt sind.

Der Substanzinvestor ist übrigens in guter Gesellschaft: Beim Bauzulieferer Arbonia hat der amerikanische Vermögensverwalter Prudential sein Aktienpaket nach weniger als einem Jahr wieder auf weniger als 3 Prozent reduziert.

Verübeln kann man es ihm nicht. Schliesslich hatten auch die Arbonia-Aktien in den letzten Monaten einen guten Lauf, was insbesondere der führenden Stellung des Ostschweizer Unternehmens im Bereich der energetischen Gebäudesanierung zu verdanken sein dürfte.

Es wäre spannend zu erfahren, ob Tweedy Browne, Prudential und alle anderen ausländischen Grossinvestoren den Verkaufserlös in andere Schweizer Aktien fliessen lassen oder aus der Schweiz abziehen. Ich befürchte allerdings, dass wir das nie erfahren werden – zumindest so lange keine Schwellenwerte überschritten werden.

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Seit Freitag werden die Aktien von Stadler Rail nun auch bei Mirabaud Securities zum Kauf angepriesen. Analyst Daniel König sieht die Papiere des Zugbauers aus dem thurgauischen Bussnang über das bisherige Rekordhoch hinaus bis auf 55 Franken steigen.

Er räumt zwar freimütig ein, dass das Unternehmen den hohen Erwartungen rund um den Börsengang vom April 2019 bisweilen nicht gerecht wurde. Seit Firmenpatron Peter Spuhler das Ruder wieder übernommen habe, nehme sich dieser den hausgemachten Problemen nun aber an. Und darf man König Glauben schenken, dann sollte das Tagesgeschäft die Talsohle bald durchschreiten und sich beleben.

Zumindest am Freitag erwies sich dieser Lobgesang als vergebliche Liebesmühe. Die Aktien von Stadler Rail gingen – von dünnen Volumina begleitet – nur geringfügig höher aus dem Handel.

Kursentwicklung der Stadler-Rail-Aktien seit dem Börsengang vom April 2019 (Quelle: www.cash.ch)

Das überrascht umso mehr, als dass das Ganze von einem Streit der Thurgauer mit der bayrischen Eisenbahngesellschaft Go-Ahead überschattet wird. Beim Streit geht es darum, dass die Bayern ihre Schienenfahrzeuge künftig durch den russischen Gegenspieler TMH International warten lassen will. Einen direkten Rivalen mit der Wartung zu beauftragen ist Stadler Rail verständlicherweise ein Dorn im Auge und verstösst gegen die Vertragsbestimmungen.

Ich frage mich, was es noch alles braucht, damit die Aktien von Stadler Rail endlich zu neuem Leben erwachen. Zumindest einen kleinen Lichtblick gibt es für die Aktionärinnen und Aktionäre in den kommenden Tagen: Die Dividende fürs vergangene Jahr geht auf dem Konto ein. Ich reinvestiere diese bei meinen Schweizer Aktienfavoriten für 2021 übrigens wieder in Aktien des Zugbauers.

 

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