Das Börsenjahr 2020 wird mit Sicherheit in die Geschichtsbücher eingehen. In Retrospektive war der Februar mit seinen Höchstständen bei vielen Indizes die "perfekte Rampe" für den März-Absturz. Doch bei all diesen Corona-Turbulenzen geht fast vergessen, dass die USA und der Iran einander Anfang Januar mit Kriegsdrohungen eindeckten, Mitte Januar ein Teilabkommens zum Handelsstreit zwischen den USA und China unterzeichnet wurde und im April der Ölpreis beispielslos einbrach.

Wir erinnern uns vermutlich nur zaghaft, dass die asiatischen Aktienmärkte schon Ende Januar das erste Mal tauchten, nachdem China wegen des Corona-Ausbruchs ganze Städte unter Quarantäne gestellt hatte. Dies liess die europäischen und amerikanischen Aktienmärkte dann noch ziemlich kalt. Umso mehr ist jetzt von Interesse, ob die asiatischen Länder auch bei der Performance der Länderindizes die Nase vorn haben. Sollte die wirtschaftliche Erholung in China, Südkorea oder Japan demzufolge schon weiter fortgeschritten sein als in Europa oder in den USA.

Ein nordischer Kraftprotz schlägt alle

Zuvorderst rangiert in diesem Jahr jedoch ein skandinavischer Börsenplatz. Immerhin 10 Prozent hat der dänische OMX Copenhagen 20 Index seit Jahresbeginn zugelegt. Mit einer solchen Performance wäre man in einem normalen Börsenjahr als Anleger sehr zufrieden. 

Ein Grund ist sicherlich, dass Dänemark "relativ" unbeschadet durch die Corona-Krise hindurchkommt. So rechnet der Rat der dänischen Wirtschaftsweisen mit einem Minus des dänischen Bruttonationalprodukt (BNP) in Höhe von 4,4 Prozent. Im Jahr 2021 soll ein Wachstum von 5,5 Prozent erfolgen. Dieser relativ positive Ausblick zeigt sich auch darin, dass der Leitindex sein Allzeithoch vom Februar übertroffen hat und sich ständig in neue Sphären hinaufdrängt. Der im Januar 2019 eingeschlagene Trend setzt sich wie in der untenstehenden Grafik ersichtlich fort.

Der dänische OMX Copenhagen 20 Index seit Januar 2019 (Quelle: Bloomberg).

Der Leitindex, der sich aus den 20 grössten Unternehmen des Landes zusammensetzt, ist international nicht so bekannt. Doch die Einzelwerte des Index haben grossen Wiedererkennungswert und Potenzial. Darunter befinden sich die "dänische Bayer-Aktie" Novo Nordisk, der Reedereiriese Maersk und der weltgrösste Windkraftanlagenbauer Vestas. Und für Schweizer ist neuerdings auch der Transportlogistiker DSV eine Bekanntheit. Dieser übernahm erst kürzlich Panalpina. So sollte gerade in der Erholung der Weltwirtschaft der Index dank der starken Binnenwirtschaft und den gut aufgestellten internationalen Konzernen seinen eingelegten Trend fortsetzen können.

Asiatische Indizes gehören 2020 zu den Top-Performern - Hongkong leidet

Die asiatischen Schwergewichte unter Indizes finden sich auf den Plätzen neun, zehn, sechszehn und einundvierzig. Insbesondere die Entwicklung des südkoreanischen Kospi lässt aufhorchen. Denn der Index wird wegen seiner Aussagekraft bezüglich des globalen Wachstums auch "Doktor Kospi" genannt. Der Kospi verliert seit Jahresbeginn nur 3 Prozent. Und seit den Tiefstständen im März hat der Index um 44 Prozent zugelegt.

Und auch die wirtschaftliche "Normalisierung" in China spiegelt sich an den Aktienmärkten wider. Der chinesische Shanghai Composite steht seit Jahresbeginn nur noch 3 Prozent tiefer. Der Aktienindex von Hong Kong ist im asiatischen Vergleich hingegen ein Ausreisser und liegt abgeschlagen auf dem 41. Platz. Den Aktienmarkt belasten die Reaktionen auf das geplante chinesische Sicherheitsgesetz. Die USA drohen mit wirtschaftlichen Konsequenzen. Beim Hang Seng ist unter den momentanen Vorzeichen mit weiteren Verlusten zu rechnen.

Ausgewählte Aktienplätze 2020 weltweit 

Rangliste Aktien-Index (Land)Performance seit JahresbeginnPerformance seit 23. MärzETF zum Investieren
1. OMX Copenhagen 20 (Dänemark )+10 Prozent+33 ProzentiShares MSCI Denmark
2. Slovak Share Index (Slowakei)+3 Prozent+12 Prozent-
8. S&P NZX 50 (Neuseeland)-2 Prozent+32 ProzentiShares MSCI New Zealand
9. Kospi (Südkorea)-3 Prozent+44 ProzentiShares Core KOSPI 200 ETF
10. Shanghai Composite (China)-3 Prozent+10 ProzentLyxor China Enterprise (HSCEI) UCITS
12. S&P 500 (USA)-4 Prozent+39 ProzentInvesco S&P 500 UCITS ETF
14. SMI (Schweiz)-4 Prozent+25 ProzentUBS ETF (CH) – SMI
16. Nikkei 225 (Japan)-5 Prozent+32 ProzentComStage Nikkei 225 UCITS ETF
26. DAX (Deutschland)-7 Prozent+41 ProzentComStage FR DAX UCITS ETF
41. Hang Seng (China)-12 Prozent+13 ProzentComStage HSI UCITS
64. Brazil Ibovespa (Brasilien)-17 Prozent+51 ProzentiShares MSCI Brazil ETF
65. CAC 40 (Frankreich)-17 Prozent+27 ProzentLyxor CAC 40 (DR) UCITS ETF
66. FTSE MIB (Italien)-17 Prozent+25 ProzentiShares FTSE MIB UCITS ETF
69. FTSE 100 (Grossbritannien)-17 Prozent+25 ProzentHSBC FTSE 100 UCITS
78. RTS Index (Russland)-20 Prozent+39 ProzentiShares MSCI Russia
84. IBEX 35 (Spanien)-23 Prozent+19 ProzentLyxor IBEX 35 (DR) UCITS ETF
90. JSE Market Index (Südarfika)-26 Prozent-25 ProzentLyxor MSCI South Africa UCITS ETF
91. ATX (Österreich)-27 Prozent+24 ProzentComStage ATX UCITS ETF
92. Athex Composite (Griechenland)-28 Prozent+29 ProzentLyxor MSCI Greece UCITS ETF

Indizesentwicklung Stand 19. Juni 10:00 Uhr (Quelle: Bloomberg)

Die Börsenplätze New York, Frankfurt und Schweiz finden sich im vorderen Drittel der 93 im Bloomberg gelisteten Länder-Indizes. Dem SMI kommen einmal mehr seine defensiven Qualitäten zu Gute. So steht er seit Jahresbeginn - bei einer Erholung von 25 Prozent seit Mitte März - noch 4 Prozent im Minus. Der deutsche DAX hingegen legt zwar seit Mitte März 41 Prozent zu, doch seit Jahresbeginn schaut trotzdem ein Minus von 7 Prozent heraus.

Westeuropa gezeichnet in der Corona-Krise

Die bedeutenden westeuropäischen Aktienmärkte von Frankreich, Italien, Grossbritannien und Spanien sind mit ihrer Performance im hinteren Drittel vorzufinden. Dies sind diejenigen europäischen Länder, die im März und April täglich grosse Infiziertenzahlen rapportieren und einen strikten Lockdown vollziehen mussten. Insbesondere der spanische IBEX 35 Index kommt in der Krise nicht gut weg. Seit Anfang Jahr steht ein Verlust von 23 Prozent zu Buche.

Trotzdem scheinen unter den westeuropäischen Indizes der französische CAC 40, der italienische FTSE MIB und der britische FTSE 100 hinsichtlich der schon erfolgten Erholung in Asien interessant. Sind doch die drei Indizes bezüglich ihrer Sektorenaustattung sehr breit abgestützt.

Haben «Rohstoffländer» jetzt Potenzial?

Die Rohstoffpreise sind in der Corona-Krise stark unter Druck gekommen. Der CRB-Index, der 19 verschiedene Rohstofffutures umfasst, verliert bis zu seinem Tiefstpunkt am 21. April 43 Prozent seines Werts. Seit diesem Zeitpunkt hat der Index wie in der untenstehenden Grafik ersichtlich jedoch laufend an Wert hinzugewonnen, so dass seit Jahresbeginn nur noch ein Minus von 21 Prozent resultiert. Jetzt mehren sich zudem die Anzeichen, dass die Inflation in den USA wieder anziehen und der Dollar in eine Schwächephase eintreten könnte. Dies sind gute Vorzeichen für die Rohstoffpreise.

Der CRB-Index seit einem Jahr (Quelle: Bloomberg).

Auch Brasilien kann von der neusten Entwicklung auf der Rohstofffront profitieren. So legte der Brazil Ibovespa Index seit den Tiefstständen im März um 51 Prozent zu. Vom Ausblick steigender Ölpreise könnte aber vor allem Russland stark Profit schlagen. Denn kaum ein Aktienmarkt ist derart abhängig von den weltweiten Energiepreisen wie der russische. Und der Index steht seit Jahresbeginn immer noch 20 Prozent im Minus. Doch auch steigende Preise von Nickel und Palladium werden den RTS Index nach oben treiben. 

Eine Überraschung am Schluss

Der zweitschlechteste Performer in diesem Jahr ist der Athex Composite aus Griechenland. Dies, nachdem der Index noch 2019 der Top Performer unter den weltweiten Länderindizes war. Zu Jahresbeginn erlebte Griechenland noch einen Wirtschaftsaufschwung. Doch nach Corona ist Griechenland wieder 2020 ein Krisenland. Jetzt wird von der europäischen Kommission ein Rückgang der Wirtschaftsleistung um 9,7 Prozent und einen Anstieg der Arbeitslosenquote auf 19,9 Prozent prognostiziert. 

Der Austrian Traded (oder: ATX) ist mit minus 27 Prozent seit Anfang Januar richtiggehend unter die Räder gekommen und steht damit an drittletzter Stelle der Börsen weltweit. Dies hat mit der starken Vertretung der Banken im Index zu tun. Die drei grössten Banken haben zusammen eine Gewichtung von 31 Prozent. Und die Aktien der Nummer Eins, der Erste Group Bank, verlor seit Jahresbeginn 34 Prozent.