Eine rasche Erholung der Börsen von ihren jüngsten Kursverlusten ist Experten zufolge nicht in Sicht. Derzeit schwinge ständig die Angst mit, dass steigende Virus-Infektionen zusätzliche Restriktionen nach sich ziehen, sagt Analyst Jochen Stanzl vom Online-Broker CMC Markets. "Die zweite Welle mit einem drohenden zweiten Lockdown ist das Störfeuer, das die von den Anlegern so herbeigesehnte konjunkturelle Erholung schon wieder im Keim ersticken könnte."

Eine erneute Rezession sei aber nicht zu befürchten, betont Commerzbank-Analyst Christoph Weil. "Die Verschärfung der Corona-Beschränkungen trifft vor allem Branchen wie den Tourismus, die schon jetzt weitgehend am Boden liegen. Produktion und Nachfrage anderer Güter dürfte im Gegensatz zur ersten Infektionswelle kaum betroffen sein." In der alten Woche fiel der Dax dennoch um insgesamt gut zwei Prozent.

RISIKOFAKTOR US-WAHL - FLUT VON FIRMENBILANZEN VORAUS

Ein weiterer Unsicherheitsfaktor sei die nahende US-Präsidentschaftswahl, sagte Portfolio-Manager Thomas Altmann vom Vermögensberater QC Partners. Dies lasse sich an Terminkontrakten ablesen. "Beim US-Technologieindex Nasdaq 100 sind die Preisunterschiede zwischen Optionen mit einer Laufzeit von einer Woche, die noch vor der Wahl auslaufen und Optionen mit einer Laufzeit von einem Monat, die erst nach der Wahl auslaufen, so gross wie nie. Selbst vor Trumps Wahl 2016 war dieser Aufschlag nur halb so hoch." US-Präsident Donald Trump liegt in Umfragen zwar hinter seinem Herausforderer Joe Biden. Einige Experten verweisen aber darauf, dass Trump 2016 unter ähnlichen Vorzeichen dennoch gesiegt habe.

Daneben halten zahlreiche Firmenbilanzen Investoren auf Trab. Auch in der Schweiz legen zahlreiche Firmen Zahlen vor:  Kühne+Nagel, Logitech, UBS; Dormakaba, Nestlé, Zur Rose, GAM, Inficon, Züblin, Sika, Huber+Suhner, Idorsia, ABB, Schindler, BB Biotech, CFT, HBM, Komax und Rieter

In den USA legen anderem die Online-Videothek Netflix und der Chip-Hersteller Intel Zahlen vor, in Frankreich der Kosmetik-Konzern L'Oreal. Unter dem Strich müsse bei europäischen Firmen mit einem Gewinnrückgang von 40 Prozent gerechnet werden, prognostiziert Ulrich Stephan, Chef-Anlagestratege für Privat- und Firmenkunden bei der Deutschen Bank. "Dies wäre eine Verbesserung im Vergleich zum zweiten Quartal, als sich das Minus auf rund 50 Prozent belief." Entscheidend für die Kursreaktionen werde aber der Ausblick. Hier erwarte er einen positiven Grundton.

DURCHWACHSENE KONJUNKTURDATEN IN EUROPA ERWARTET

Bei den Konjunkturdaten richten Investoren ihr Augenmerk unter anderem auf den Wirtschaftsbericht der US-Notenbank Fed am Mittwoch, das sogenannte Beige Book. Hiervon erhoffen sie sich Rückschlüsse auf die Geldpolitik. Am Donnerstag folgen die US-Frühindikatoren. Auch das KOF publiziert am Donnerstag seine Konjunkturprognose für den  Herbst. Ebenfalls am Donnerstag gibt der GfK-Index Auskunft über die Kauflaune der deutschen Konsumenten. Wenige Stunden später folgt der Index des europäischen Verbrauchervertrauens. Hier sagen Experten einen Rückgang auf minus 15 von minus 13,9 Punkten voraus.

Zum Abschluss der neuen Woche folgt das Stimmungsbarometer der europäischen Einkaufsmanager. Wegen der steigenden Corona-Infektionen muss Börsianern zufolge im Dienstleistungssektor mit einer erneuten Verschlechterung gerechnet werden, während sich der Index für das verarbeitende Gewerbe deutlich über der Marke von 50 Punkten, die Wachstum signalisiert, behaupten wird.

(Reuters/cash)