Negativszenarien zur wirtschaftlichen Entwicklung gibt es derzeit genug: Wer die eingetrübte Weltwachtumsprognose des Währungsfonds nicht als Grund für Pessimismus nimmt, verweist vielleicht auf den Handelskonflikt zwischen der USA und dem Rest der Welt. Oder auf die steigende Inflation.

Auch höhere Leitzinsen in den USA schüren Ängste. Dazu kommt politisches Gezerre, sei es wegen des italienischen Regierungsbudgets oder wegen des britischen Ausbruchsversuchs aus der EU. Diese und weitere Gründe wurden vergangene Woche als mögliche Ursachen für den jüngsten Kurseinbruch bei Aktien genannt (cash berichtete).

Weltweit haben Märkte in den vergangenen Wochen teils deutlich korrigiert. Einer, der sich von dadurch abgeleiteten Crash-Szenarien nicht beeindrucken lässt, ist Mojmir Hlinka. Der CEO der Anlagegesellschaft Agfif International aus Zürich bleibt Optimist: "Von den 200 Crashs, die prophezeit wurden, sind es vielleicht zwei oder drei wirklich geworden", sagt Hlinka im cash-Börsen-Talk.

Eine Grafik, welche die Finanzmärkte in den vergangenen Wochen besonders in den Bann zog, ist die Zinskurve für zehnjährige US-Staatsanliehen. Die Renditen dieser Schuldpapiere der US-Regierung sind auf über 3 Prozent gestiegen und damit auf Niveaus, wie sie zuletzt vor fünf Jahren verzeichnet wurden. Dies macht, so argumentieren viele Finanzmarkspezialisten, diese Anleihen zur Konkurrenz für Aktien.

US-Treasuryrenditen sind von 2,25 Prozent innerhalb eines Jahres auf bis zu 3,275 Prozent angestiegen (Chart: cash.ch).

Hlinka hält die Angst vor steigenden US-Zinsen aber für übertrieben: "Vor dem Kollaps von Lehman Brothers 2008 und sogar noch vor dem Internet-Crash 2002 lagen die Renditen bei 6 oder 7 Prozent", sagt Hlinka. Renditen von 3 Prozent bei langfristigen Staatsanleihen der USA sind für ihn vor diesem Hintergrund ein gesundes Zeichen - genauso übrigens wie die steigenden Leitzinsen der Fed, die aktuell bei 2,25 Prozent liegen: "Eine Rückkehr zur Normalität."

Ein direktes Investment in US-Anleihen - als Alternative zu Aktien - wiederum hält Hlinka für einen Grossteil der Anleger sowieso für ungeeignet: Das Dollar-Währungsrisiko und Transaktionskosten würden die 3-Prozent-Rendite schmälern. Und in der Schweiz, wo die Renditen für zehnjährige Obligationen im Moment knapp positiv sind, erübrigt sich nach den Einschätzungen Hlinkas diese Option. Daher: "Aktien bleiben die mit Abstand effizienteste Anlageklasse", sagt Hlinka.

Substanz, Dividenden und Erträge

Gute Unternehmenszahlen würden die Aktienmärkte weiter stützen, auch jetzt, wo die lockere Geldpolitik der Notenbanken langsam auslaufe. Zutrauen in weiteres Wachstum am Aktienmarkt entlässt Anlegerinnen und Anleger bekanntermassen aber nicht aus der Pflicht, sich Aktien genau auszusuchen. Für Hlinka sind die Kriterien klar: "Es entscheiden Substanz, Dividenden und Erträge."

Im SMI sind dies aus seiner Sicht Aktien wie Sika, Lonza und Geberit oder auch Zurich und Swiss Re, die sich als langfristige Investments eignen. Diese Titel haben sich in der Tat im laufenden Jahr zumindest einigermassen behauptet: Lonza mit einer year-to-date-Kursentwicklung von fast 25 Prozent ist die beste Aktie im Index überhaupt. Geberit (+0,7 Prozent) und Sika (-3 Prozent) trotzten dem turbulenten Jahr 2018 besser als der SMI (-6,4 Prozent) insgesamt. 

Swiss Re liegt zwar derzeit um 1 Prozent tiefer als zum Jahresanfang, weist aber eine Dividendenrendite von 5,5 Prozent aus. Bei Zurich (+2,9 Prozent Jahresperformance) kommen Anleger beim aktuellen Kurs auf 5,9 Prozent Dividendenrendite.

Breiter Markt deutlich billiger

Einstiegsgelegenheiten sehen die Vermögensverwalter von Agfif aber vor allem im breiten Markt. Der Grund liegt dabei auch in den Kursstürzen, die zahlreiche klein und mittelgross kapitalisierte Unternehmen in den vergangenen Monaten erlebt haben.

"Gewisse Perlen sind da so stark verkauft worden, dass sie zu geradezu grotesk tiefen Preisen zu haben sind", sagt Hlinka. Zu diesen Aktien gehörten VAT oder Inficon, aber auch Carlo Gavazzi, Lem oder Gurit. Neben solchen industriellen Firmen, die allesamt mit ihren Hochtechnolgieprodukten sehr gut am Markt ankommen, empfiehlt Hlinka aber auch Investments etwa in das Plakatwerbeunternehmen APG wie auch die besonders dividendenstarke Banque Cantonale Vaudoise. Aber, wie Hlinka betont, bei diesen Titeln immer mit einem langfristigen Horizont.

Im cash-Börsen-Talk äussert sich Mojmir Hlinka auch zu den Aktienmärkten in den USA und in Deutschland. Er erklärt die Anlagestrategie seiner Investmentgesellschaft bei grossen US-Tech-Titeln wie Apple, Netflix, Google oder Amazon. Und er führt aus, wieso er auch den deutschen Markt für attraktiv hält und wo dort interessante Firmen zum Kauf bereitstehen.