Europäische Bankaktien sind auf Kurs, ihr stärkstes Jahresergebnis seit 2009 einzufahren. Der Branchenindex Stoxx 600 Banks Index ist seit Jahresanfang um 36 Prozent gestiegen - Banken gehören damit im Branchenvergleich zu den diesjährigen Top-Performern in Europa.

Doch die Kurse der europäischen Banken stehen immer noch mehr als 70 Prozent tiefer als Ende 2006, wie die untenstehende Grafik zeigt. Im gleichen Zeitraum hat sich der äquivalente US-Branchenindex von der globalen Finanzkrise so weit erholt, dass das Vorzeichen jetzt positiv geworden ist.

Die aktuelle Marktlage könnte dafür sorgen, dass die negative Bilanz seit 2006 dieses Jahr zumindest teilweise weiter reduziert wird. Die steigenden Renditen stützen das traditionelle Zinsgeschäft. Während die Rendite auf die zehnjährigen US-Staatsanleihen im letzten Monat von 1,3 auf knapp 1,6 Prozent angestiegen ist, hat der Stoxx 600 Banks Index 9 Prozent hinzugewonnen.

Zudem ist die Anlegerstimmung an den Aktienmärkten immer noch positiv, was sich in den Handelsgebühreneinahmen zeigen sollte.Das Wiederaufleben der Marktaktivität im September nach der Sommerflaute dürfte den Geldhäusern im dritten Quartal eine bessere Performance beschert haben. Die globalen Erträge des Investmentbankings könnten gegenüber dem Vergleichszeitraum 2019 - vor der Pandemie - um 19 Prozent gestiegen sein, schätzen die Analysten von JPMorgan.  Die anlaufende Zahlensaison könnte daher für einen zusätzlichen Kurskatalysator sorgen. 

Zudem sind europäische Kreditinstitute auf dem Papier nach wie vor günstig: Sowohl das Kurs-Gewinn- als auch das Kurs-Buchwert-Verhältnis liegen deutlich unter dem Durchschnitt seit 2010. "Banken sind immer noch unterbewertet", sagt Andreas Meyer, der Chef des Investmentfonds Fountain Square Asset Management. Er hofft darauf, dass Banken nun "ihre leidgeprüften Anleger mit Rückkäufen verwöhnen".

Börsenmitteilungen belegen diese positive Sicht: Europas führende Banken planen, Investoren mit mindestens 22,5 Milliarden Euro Überschusskapital zu belohnen. Dieses hat sich wegen der regulatorischen Beschränkungen in der Pandemie aufgestaut. Bloomberg schätzt zudem, dass Bankendividenden im Euroraum 2022 um 41 Prozent steigen werden. Die auf zwölf Monate projiezierte Dividendenrendite des Stoxx 600 Banks Index würde damit auf 5,5 Prozent steigen. Dieser Wert wird nur vom Grundstoffsektor übertroffen.

Kursentwicklung und Bewertung der grössten europäischen Banken:

TitelKursrendite seit Anfang JahrKurs-Gewinn-VerhältnisDividendenrendite
HSBC+12 Prozent133,8 Prozent
BNP Paribas+32 Prozent94,7 Prozent
Banco Santander+32 Prozent101,2 Prozent
ING+66 Prozent-3,8 Prozent
Intesa Sanpaolo+31 Prozent120,0 Prozent
Lloyds+33 Prozent72,6 Prozent
Banco Bilbao Vizcaya Argentaria+45 Prozent91,1 Prozent
Nordea Bank+56 Prozent133,7 Prozent
Barclays+34 Prozent-1,5 Prozent
Unicredit+54 Prozent201,0 Prozent
Société Générale+66 Prozent82,0 Prozent
Deutsche Bank+24 Prozent110,0 Prozent

JPMorgan-Analysten unter der Leitung von Kian Abouhossein sehen weitere 15 Prozent Kursanstieg für den Sektor. "Wir bevorzugen Werte, die sich auf den Aufbau von Aktiven und auf Investmentbanking orientieren. Bei denen erwarten wir eine starke Entwicklung des Gewinns und Überraschungspotenzial beim Gewinn je Aktie", heisst es in einem Bericht der Analysten.

Auch die Analysten von Barclays erwarten, dass die Ergebnisse von einem allgemein freundlichen Umfeld unterstützt werden. "Aktien und Investmentbanking sollten relativ besser ausfallen, während Renten, Währungen und Rohstoffe etwas schwächer sein dürften, obwohl sich der Trend im Laufe des Quartals verbessert haben könnte", sagen die Analysten um Amit Goel.

Steigende Renditen dürften Bankaktien zwar vorangetrieben haben, meinen die Analysten von Jefferies. Der Einfluss auf die Unternehmenserträge stehe aber noch aus. Jüngste Daten stützten eine vorsichtige Sicht auf die Margen. "Verbesserte Erwartungen hinsichtlich der zukünftigen Entwicklung des Euribor und steigende Staatsanleiherenditen führen noch nicht zu einem besseren Euribor-Kassakurs", hiess es.

(Bloomberg/cash)