Die Hoffnung, dass die Konjunktur nach der Corona-Krise wieder in Schwung kommt, sowie die anhaltend niedrigen Zinsen dürften in der kommenden Woche die Börsen stützen. Obwohl die Neuinfektionen mit dem Coronavirus weltweit Rekordstände erreichen, seien die Vorzeichen günstig, sagte Daniel Schär, Chefanalyst bei der Weberbank: Denn inzwischen habe die Welt gelernt, mit der Pandemie umzugehen, es gebe Fortschritte bei der Entwicklung eines Impfstoffs, "und zu guter Letzt gibt es kaum noch sinnvolle Alternativen zur Anlage in Aktien".

In der alten Woche hat sich der Dax bis auf wenige Prozent seinem Rekordhoch angenähert, bevor viele Anleger Gewinne mitnahmen. Auch der SMI verlor auf Wochensicht rund zwei Prozent. "Politik und Notenbanken haben die Rezession abgewendet", sagte Jeffrey Schulze, Investmentstratege beim Vermögensverwalter Clearbridge Investments. Die Corona-Rezession könnte der kürzeste Wirtschaftsabschwung aller Zeiten werden.

Konjunkturdaten erwartet

Im zweiten Quartal kollabierte die Wirtschaft in vielen Ländern, weil im Kampf gegen das Virus das öffentliche und damit auch das wirtschaftliche Leben fast vollständig zum Erliegen gebracht wurde. Wie stark das Minus ausfiel, zeigen die Daten zum Bruttoinlandsprodukt für Deutschland und die USA am Donnerstag. Dann wird auch in der Schweiz das KOF Konjunkturbarometer Aufschluss über die hiesige Konjunktur geben. "Die Zahlen zum Wirtschaftseinbruch im zweiten Quartal werden schlimm aussehen - die Aktienmärkte aber wohl im Aufwind bleiben", sagte Robert Greil, Chefstratege bei der Privatbank Merck Finck.

Denn inzwischen läuft die Wirtschaft in vielen Teilen der Welt wieder an, und die Aussichten bessern sich. In der Euro-Zone signalisierten die Einkaufsmanagerindizes für Juni bereits wieder Wachstum. Am Montag wird mit dem Ifo-Geschäftsklimaindex einer der wichtigsten Frühindikatoren für die Lage der deutschen Wirtschaft vorgelegt. Experten erwarten, dass sich das Barometer von seinen Tiefständen im Juli weiter entfernt und sich vor allem die Erwartungen wieder aufhellen. Das dürfte sich auch am Arbeitsmarkt bemerkbar machen, wo mit einem geringeren Anstieg der Arbeitslosenzahlen als im Vormonat gerechnet wird.

Das wichtigste konjunkturelle Ereignis für die Börsianer dürfte aber die Sitzung der US-Notenbank Fed am Mittwoch werden. Zentralbanken weltweit haben im Kampf gegen die Pandemie die Geldschleusen weit geöffnet. Sie hätten keinen Zweifel offengelassen, dass sie bei neuerlichen Rückschlägen nicht ebenso entschlossen reagieren würden, sagte Clearbridge-Experte Schulze. "Dass der Markt zunehmend realisiert, dass die Zinsniveaus längerfristig extrem niedrig oder sogar negativ bleiben, unterstützt Aktien weiter", fügte Merck-Finck-Stratege Greil an.

Berichtssaison nähert sich Höhepunkt

Bei den Unternehmen nimmt die Berichtssaison weiter Fahrt auf. In der Schweiz präsentieren eine ganze Reihe von Unternehmen Zahlen: Bobst, Autoneum, Vontobel, SIG, AMS, Inficon, Zehnder, Cassiopea, Lem, Clariant, LafargeHolcim, Nestlé, Bucher, Kardex, Bellevue, Cosmo, Swiss Re, Mobimo, LM Group. 

Mit SAP, BASF, Deutscher Bank und VW legen einige der wichtigsten deutschen Unternehmen ihre Ergebnisse vor. Aus den USA stehen zudem die Zahlen unter anderem der Schwergewichte Facebook, Amazon, Apple und der Google-Mutter Alphabet an. Apple habe zwar in der Krise einige seiner Geschäfte schliessen müssen, Facebook leide unter dem Anzeigenboykott einiger Grosskunden, schrieben die Experten der LBBW. Dennoch habe Big Tech in der Tendenz eher von Social Distancing und Homeoffice profitiert, als dass es unter den weltweiten Ausgangssperren gelitten habe.

Die Erwartungen an die Zahlen seien daher hoch - und den Märkten stehe eine entscheidende Woche vor der Tür: "Schliesslich legte die Bedeutung dieser Werte für die grossen US-Aktienindizes in den vergangenen Jahren immer weiter zu."

(cash/Reuters)