«Der Motor im Maschinenraum des Dax stottert weiter», kommentierte Analyst Jochen Stanzl vom Broker CMC Markets. Rally-Versuche seien Fehlzündungen, während auf der Verkäuferseite das Interesse fehle. «Was bleibt, ist ein Handel, der immer enger wird», ergänzte Stanzl. Seit nun schon vier Wochen fehle dem deutschen Leitindex eine klare Richtung.
Zur Wochenmitte gewann der Dax 0,23 Prozent auf 23'666,81 Punkte und rang zeitweise abermals mit der 21-Tage-Chartlinie als Indikator für den kurzfristigen Trend, ohne sie letztlich hinter sich zu lassen. Der MDax stieg um 0,15 Prozent auf 30'309,84 Punkte. Laut Marktbeobachter Andreas Lipkow zeichne sich eine immer weiter abnehmende Kaufneigung ab, zudem fehle es an Impulsen.
Für einen Dämpfer sorgte das Ifo-Geschäftsklima, welches sich im September erstmals seit einem halben Jahr unerwartet eintrübte. «Das ist ein ernüchternder Realitätscheck», schrieb Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank. Von konjunktureller Erholung könne keine Rede sein. Die zunehmenden Handelskonflikte und die geopolitischen Unsicherheiten seien eine Belastung für die deutsche Exportwirtschaft.
An der Wall Street ging die jüngste Rekordjagd vorerst nicht weiter. Zum europäischen Handelsschluss bewegte sich der Dow Jones Industrial kaum. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 schloss 0,14 Prozent im Minus mit 5'464,56 Punkten. Der britische FTSE 100 legte moderat zu, während der Schweizer SMI ein Prozent abrutschte.
Nach einer Kehrtwende von US-Präsident Donald Trump waren erneut Rüstungswerte gefragt. Trump zeigte sich von Kremlchef Wladimir Putin enttäuscht, sprach sich für den Abschuss russischer Flugzeuge in Nato-Territorium aus und sieht die Siegchancen der Ukraine im Krieg mit Russland nun optimistischer. Die Aktien von Rheinmetall zogen um 3,5 Prozent an. Die Papiere von Renk und Hensoldt verteuerten sich um jeweils acht Prozent.
Ein skeptischer Branchenkommentar der Deutschen Bank hinterliess bei den Chemiewerten Spuren. Die Aktien von Lanxess rutschten nach einer gestrichenen Kaufempfehlung um 6,6 Prozent ab. Evonik verloren 2,6 Prozent, ebenfalls wegen einer Abstufung. Die Papiere von BASF büssten ein Prozent ein und jene des Chemikalienhändlers Brenntag 0,2 Prozent.
Die Autowerte drehten nach schwachem Start zur Wochenmitte ins Plus. Im Dax gewannen Volkswagen , BMW und Mercedes-Benz bis zu 1,4 Prozent. Zunächst belastete der Vielmarkenkonzern Stellantis die Branche, nachdem der Konzern wegen der Absatzkrise vorübergehende Werksschliessungen angekündigt hatte. Schliesslich sorgte die offizielle Verkündung der US-Einfuhrzölle auf Autos aus der EU für bessere Laune. Diese wurden, wie zuvor vereinbart, rückwirkend zum 1. August auf 15 Prozent reduziert.
Ein weiterer Aktienrückkauf der Commerzbank trieb die Aktien an der Dax-Spitze um 4,4 Prozent nach oben. Das Geldhaus will bis Mitte Februar 2026 bis eine Milliarde Euro für den Kauf eigener Aktien ausgeben. Mit dem danach geplanten Einzug der Papiere würde die Beteiligung der italienischen Grossaktionärin Unicredit steigen, die jetzt schon direkt und über Finanzinstrumente rund 29 Prozent der Anteile hält. Ab 30 Prozent müssten die Italiener ein Übernahmeangebot für die übrigen Commerzbank-Aktien abgeben.
Bei Gerresheimer nimmt die Talfahrt wegen schlechter Nachrichten kein Ende. Die Finanzaufsicht Bafin prüft den Geschäftsbericht des Verpackungsherstellers. Es gebe konkrete Hinweise, dass Gerresheimer gegen Rechnungslegungsvorschriften verstossen habe. Das Unternehmen sagte seine Kooperation zu, um den Sachverhalt zu klären und vertrat die Auffassung, korrekt bilanziert zu haben. Die Aktie sackte um bis zu 38 Prozent auf den tiefsten Stand seit dem Jahr 2010 ab und ging schlussendlich 15,4 Prozent tiefer aus dem Handel.
Die Investmentbank Exane BNP stufte die Papiere von Bechtle von «Underperform» gleich doppelt auf «Outperform» hoch, was ihnen ein Kursplus von 3,8 Prozent bescherte. Cancom profitierten dagegen nicht nachhaltig von einer Hochstufung auf «Neutral», die Aktien gaben 0,6 Prozent nach. Analyst Martin Jungfleisch zeigte sich in einer Studie optimistischer für die beiden IT-Dienstleister.
Die Aktien des Brennstoffzellen-Anbieters SFC Energy zogen dank weiterer Bestellungen eines kanadischen Öl- und Gasproduzenten um 2,2 Prozent an. Die Anteilsscheine von Amadeus Fire erholten sich derweil um 1,8 Prozent, nachdem der Personaldienstleister den Kauf der E-Learning-Plattform Masterplan ankündigte.
(AWP)