Aktien mit hohen Dividenden sind beliebt – sie sind für viele Investoren ein Ersatz für Anleihen geworden, die in der Tiefzinswelt nur noch wenig Zinsgewinn abwerfen. Noch beliebter, zumindest für Unternehmen mit Schweizer Kotierung, sind in den vergangenen Jahren steuerfreie Dividenden geworden.

Aktionäre der UBS, der Credit Suisse, von Julius Bär oder Lonza erhalten dieses Jahr einen Teil der Dividende steuerfrei. Vermutlich wird dies auch für Anteilseigner von LafargeHolcim, Dufry oder U-Blox der Fall sein. Genaueres teilen dies Unternehmen mit ihren Jahreszahlen mit.

Auf einen steuerfreien Anteil bei der Dividende verzichten müssen werden wohl jene, die Aktien der Cembra-Bank, SFS oder Komax besitzen. Aber warum gibt es diese Unterschiede?

Politik begrenzt die Steuerfreiheit

Die "steuerfreie Dividende" ist Schlagwort, das in der Sprache von Unternehmen und Aktionären verwendet wird. Genau genommen handelt es sich bei dieser Art der Dividende um eine steuerbefreite Rückzahlung aus der Kapitaleinlagenreserve der Unternehmen.

Dieser Mechanismus wurde mit der Unternehmenssteuerreform II, die unter der Federführung des früheren Bundesrats Rudolf Merz eingeführt wurde, nach 2011 möglich. Bis Ende 2019 jedenfalls.

Die dritte Unternehmenssteuerreform, die im vergangenen Mai als so genannte AHV-Steuervorlage das Volksmehr erreichte, schränkt diese Praxis ein. Seit Anfang Jahr kann maximal die Hälfte der Dividende eines Unternehmens steuerfrei ausgeschüttet werden.

Grossbanken zahlen Fifty-Fifty

Ansonsten fallen Dividenden unter die Schweizer Verrechnungssteuer von 35 Prozent. Die Grossbanken UBS und Credit Suisse wie auch der Vermögensverwalter Julius Bär und der Pharmakonzern Lonza haben mit ihren Jahreszahlen bereits angekündigt, dass sie ihre Dividenden je zur Hälfte aus der Kapitaleinlagenreserve und aus einbehaltenen Gewinnen ausschütten. Das heisst, auf die Hälfte der Dividende dieser drei Banken entfallen weiterhin keine Steuern.  

Dass gerade die Grossbanken ihre Dividendenpolitik so ausgestalten können, hat einen bestimmten Grund: Ihre Kapitaleinlagereserven sind nach wie vor gross. So eine Reserve füllt sich beispielsweise dann, wenn ein Unternehmen eine Kapitalerhöhung (wovon die Banken einige hatten) oder einen Börsengang durchführt.

Wenn eine Aktie mehr kostet als der Nennwert, fliesst die Differenz zwischen dem Aktienpreis und dem Nennwert – und das ist schnell einmal ein grosser Teil der Summe, die der Aktienpreis ausmacht – in die Kapitaleinlagenreserve. Ein anders Wort dafür ist Agio.

Reserven sind teilweise leer

Aktienexperten nehmen an, dass die meisten Unternehmen, die noch über Kapitaleinlagereserven verfügen, dieses Jahr eine 50:50-Aufteilung anwenden werden. Wie Zahlen der "Handelszeitung" von Mitte 2019 zeigen, haben noch eine Reihe von Unternehmen die erforderlichen Mittel für die Entrichtung einer partiell steuerfreien Dividende (siehe Tabelle). 

Bei vielen Unternehmen ist die Kapitaleinlagenreserve in den vergangenen Jahren geleert worden. Die Swiss Life beispielsweise hat für 2017 noch die vollständige Dividende on 13,50 Franken pro Aktie steuerfrei ausbezahlt. 2018 kamen noch 2,50 Franken der nunmehr 16,50 Franken hohen Dividende aus der Kapitaleinlagenreserve. Die Swiss Life kann theoretisch noch fünf Jahre lang 2,50 Franken steuerfrei auszahlen.

Das Beispiel zeigt, dass die Mittel versiegen. OC Oerlikon, Barry Callebaut, Comet oder die Luzerner Kantonalbank haben noch Reserven, könnten nur noch weniger als Hälfte ihrer Dividende steuerfrei auszahlen. Das Leeren der Reserven geschah zum Teil wohl, weil Unternehmen eine Änderung der Gesetzeslage erwarteten: Die Regelung von 2011 war der politischen Linken ein Dorn im Auge und wurde als "Steuergeschenk" von Bundesrat Merz kritisiert. Die "Halbierung" der steuerfreien Dividende war ein Kompromiss zwischen den poltischen Lagern. 

Denkbar ist, dass einige Unternehmen ihre Kapitaleinlagereserven auch wieder füllen werden. Nicht nur Kapitalerhöhungen, sondern auch Sacheinlagen können dafür verwendet werden. Allerdings scheint es so, dass nicht viele Unternehmen dies planen. Aus heutiger Sicht ist die steuerfreie Dividende also ein (zum Teil langsam auslaufendes) Auslaufmodell.

So lange reichen Reserven bei gleichbleibender Ausschüttungspraxis*

UnternehmenVerbleibende
Jahre
UnternehmenVerbleibende
Jahre
Arbonia148Valora2
Credit Suisse104Flughafen Zürich2
EFG52VAT2
Dufry 40Temenos2
GAM34Swiss Prime Site2
LafargeHolcim30Tecan3
Landis+Gyr28Comet0
Lonza28Barry Callebaut0
Kudelski26Swiss Life5
Sunrise22Komax0**
U-Blox18Cembra0**
Allreal12Gurit0**
Schaffner12Inficon0**
UBS10Luzerner KB0
Galenica10Mobimo0**
Clariant8OC Oerlikon0
Orior8Rieter0**
Dormakaba8SFS0**
Julius Bär3Zug Estates0**

*Stand Mai 2019, unter Berücksichtung der Steuerreform 2020 / Daten: Handelszeitung, UBS Wealth Management CI Office 2018. / **Reserve vollständig aufgebraucht