Das vergangene Jahr brachte Anlegerinnen und Anleger am Schweizer Aktienmarkt mehrheitlich bescheidene Kursgewinne. Der breite Swiss Performance Index (SPI) legte immerhin um 6 Prozent zu. Gleichzeitig sind die erwarteten Dividendenrenditen für 2024 gegenüber dem Vorjahr um 0,1 Prozentpunkte auf 3,4 Prozent angestiegen. 

Im internationalen Vergleich bleiben die Top Schweizer Dividendentitel wegen ihres defensiven Charakters sowie der guten Qualität ihrer Bilanzen attraktiv. «Aufgrund der von uns erwarteten weiteren Abkühlung der globalen Wirtschaft dürfte der defensive Schweizer Aktienmarkt 2024 zu den relativen Outperformern gehören», prognostiziert auch Raiffeisen-Anlagechef Matthias Geissbühler. 

Für Schweizer Dividendenaktien spreche auch, dass die Dividendenrendite des Schweizer Aktienmarkts wieder deutlich höher sei als die Rendite von Schweizer Obligationen, sagt Thomas Urs Fischer, Anlagechef der Berner Kantonalbank BEKB, gegenüber cash.ch.

So weisen einige Blue Chip Werte wie Nestlé, Partners Group oder Zurich Insurance am Schweizer Aktienmarkt eine Rendite von 3 Prozent oder mehr auf und haben einen guten Verlauf beim Dividendenwachstum vorzuweisen. Zudem weist der Schweizer Aktienmarkt für einen Zeitraum von ungefähr 40 Jahren im internationalen Vergleich eine der höchsten Dividendenwachstumsraten auf.

Dividenden spielen für den langfristigen Anlageertrag eine wichtige Rolle, da gut ein Drittel der historischen Gesamtrendite aus den Dividendenausschüttungen stammt. Dividendenaktien gewinnen auch aufgrund der zum Jahresende 2023 stark gesunkenen Zinsen wieder an Bedeutung. Gleichzeitig dürfte die Volatilität am Markt angesichts der geldpolitischen, konjunkturellen und geopolitischen Unsicherheit auch in den kommenden Monaten hoch bleiben, was nachhaltige Dividenden-Aktien noch attraktiver macht.

Leonteq als mutmassliche Dividenden-Königin - Mobilezone als Geheimfavorit

Auf die Frage, welche Aktie eine potenzieller Dividenden-König 2023 sein könnte, gibt die untenstehende Tabelle eine eindeutige Antwort: Leonteq führt mit knapp 12 Prozent die Rangliste an. Doch der Derivate-Spezialist Leonteq muss operativ deutlich zurück buchstabieren.

Insbesondere das Handelsergebnis wird im Gesamtjahr 2023 massiv schwächer ausfallen als im Vorjahr. Entsprechend wird auch der Gewinn nur noch einen Bruchteil des Vorjahres erreichen. Die Konsequenz: Für das Jahr 2022 wurde eine Dividende von 4,00 Franken bezahlt, für das Jahr 2023 wird unter Analysten selbst das Dividendenziel von 2 Franken in Zweifel gezogen.

Es ist daher nicht sinnvoll, eine hohe Dividendenrendite als einziges Kriterium für die Auswahl einer Aktie heranzuziehen und andere Qualitätsfaktoren wie Verschuldungsgrad, Wachstum oder Technologiestand ausser Acht zu lassen. So ist es beispielsweise möglich, dass der Aktienkurs eines Unternehmens aufgrund von fundamentalen Problemen deutlich weniger Cashflow erzielt.

Je nachdem, ob die Dividendenrendite auf geschätzten oder historischen Werten basiert, besteht die Gefahr, dass sich der Aktienkurs bereits angepasst hat, die zukünftige und tiefer Dividende aber noch nicht ersichtlich ist. Die Aktie von Leonteq steht auf Jahressicht beispielsweise 31 Prozent tiefer.

Wichtig ist auch nicht allein die absolute Höhe der Dividendenrendite, sondern die Konstanz der Ausschüttungen sowie das Pay-out Ratio (das heisst die Ausschüttung im Verhältnis zum Gewinn): «Ist die Ausschüttungsquote zu hoch, drohen Dividendenkürzungen. Als Richtgrösse sollte das Pay-out Ratio - zumindest bei zyklischen Aktien - nicht mehr als 66 Prozent betragen», so Geissbühler.

Auch ein Investment in den Titel mit der zweitbesten Dividendenrendite von 9,5 Prozent ist sehr riskant: Die Ausschüttungsquote bei OC Oerlikon liegt nämlich bei knapp 128 Prozent. Yannik Ryf, Analyst bei der ZKB, rechnet damit, dass sich die Dividende 2023 von 0,35 Franken pro Aktie auf 0,2 Franken reduziert. Für 2024 rechnet er ebenfalls mit 0,2 Franken. Eine zyklische Abschwächung und die hohe Nettoverschuldung lasten weiterhin auf dem Industriekonzern. Als Folge hat die Aktie auf Jahressicht 42 Prozent verloren.

Eine ähnlich hohe und daher für eine Investition unattraktive Ausschüttungsquote haben laut Bloomberg-Daten beispielsweise Ems Chemie (107 Prozent), Adecco (123 Prozent), Medmix (178 Prozent) oder Schweiter (197 Prozent).

Ein sicherer Wert ist der "Handyanbieter" Mobilezone, der sich in den letzten Jahren vom Geheimtipp zum verlässlichen Dividendenzahler gewandelt hat - aktuell 6,6 Prozent. Das Unternehmen hat jedoch einen starken Deutschland-Bezug, was wegen der dortigen konjunkturellen Lage die Geschäftstätigkeit und den Aktienkurs - minus 16 Prozent auf Jahressicht - in Mitleidenschaft gezogen hat. Ein schrittweiser Einstieg könnte sich anbieten.

Die aktuell höchsten Dividendenrenditen von Schweizer Aktien

Titel Dividendenrendite

Dividendenwachstum (Ø 5 Jahre)

Titel Dividendenrendite

Dividendenwachstum (Ø 5 Jahre)

Leonteq 11,7 Prozent -* Valiant 5,2 Prozent 5 Prozent
OC Oerlikon 9,5 Prozent 0 Prozent Swiss Life 5,1 Prozent 17 Prozent
Bellevue Group 8,7 Prozent 13 Prozent Helvetia 5,0 Prozent 5 Prozent
Mobilezone 6,6 Prozent 8 Prozent Glarner Kantonalbank 4,8 Prozent 4 Prozent
BB Biotech 6,4 Prozent -3 Prozent Basler Kantonalbank 4,8 Prozent 0 Prozent

Cembra Money Bank

6,1 Prozent

6 Prozent

Coltene 4,8 Prozent 2 Prozent

APG SGA

6,0 Prozent

-14 Prozent

Kühne + Nagel

4,8 Prozent

19 Prozent

Swiss Re 5,9 Prozent 3 Prozent Allreal 4,7 Prozent 2 Prozent

Baloise

5,7 Prozent

6 Prozent

Burkhalter

4,7 Prozent

-3 Prozent

Groupe Minoteries

5,6 Prozent

16 Prozent

Adecco

4,7 Prozent

0 Prozent

Julius Bär

5,5 Prozent

13 Prozent

Vaudoise Assurances 4,6 Prozent 11 Prozent
Zurich Insurance 5,5 Prozent 6 Prozent

Cie Financière Tradition

4,6 Prozent

3 Prozent

Vontobel

5,5 Prozent

7 Prozent

Orell Fuessli 4,6 Prozent -3 Prozent

VP Bank

5,4 Prozent

-2 Prozent

SGS 4,5 Prozent 1 Prozent
CPH Chemie & Papier 5,2 Prozent 47 Prozent Swisscom 4,3 Prozent 0 Prozent

*Keine durchgehenden Dividendenzahlungen in den letzten fünf Jahren.

Daten: Bloomberg (Stand 9. Januar 2024).

Hohes Dividendenwachstum bei Aevis Victoria und CPH Chemie & Papier 

Das neben der Hotel- und Privatklinikgruppe Aevis Victoria (Dividendenrendite 1,9 Prozent) deutlichste durchschnittliche Dividendenwachstum in den letzten fünf Jahren verzeichnet mit 47 Prozent CPH Chemie & Papier (5,2 Prozent). Für das Jahr 2022 hat die in den Bereichen Chemie, Papier und Verpackung tätige Gruppe eine Dividende von 4,5 Franken bezahlt.

CPH hat von 2001 bis 2022 in 21 von 22 Jahren eine Dividende ausgeschüttet. Für das laufende Jahr erwarten drei Analysten im Schnitt eine Dividende von 3,9 Franken. CPH hat im ersten Halbjahr 2023 wegen eines schwachen Papiergeschäftes weniger Umsatz erzielt. Unter dem Strich resultierte dank einem Sondereffekt dennoch ein höherer Gewinn. 

Unter den Titeln im SPI stechen auch Pierer Mobility (+41 Prozent), Mikron (+32 Prozent) und Banque Cantonale Vaudoise (BCV) (+31 Prozent) mit starken durchschnittlichen Wachstumsraten in den letzten fünf Jahren heraus. Die Waadtländer Kantonalbank (BCV) hat im ersten Halbjahr 2023 vom Zinsumfeld profitiert und den Gewinn stark gesteigert. Dies hat den Aktienkurs auf Rekordhöhen getrieben - plus 24 auf Jahressicht. Auch wegen des Kursanstiegs schafft es die Kantonalbank mit einer Dividendenrendite von 3,5 Prozent nicht unter die Top-Dividendenzahler. 

Während Kantonalbanken wie Glarner Kantonalbank oder Basler Kantonalbank (je 4,8 Prozent) als verlässliche Dividendenzahler das Portfolio bei Marktturbulenzen gegen unten absichern, bieten grössere Bank-Institute wie Vontobel oder Julius Bär (je 5,5 Prozent) traditionell mehr Kurspotenzial.

Doch gerade Julius Bär musste wegen dem Signa-Abenteuer und den daraus folgenden Abschreiber an der Börse Federn lassen, der tiefere Zinsausblick lässt Bankentitel im allgemeinen im weniger interessanten Licht erscheinen. BB Biotech (6,4 Prozent) ist mit Investments in Biotechnologie für einen Aktienkauf interessant aber ebenso riskant. Der Titel könnte von tieferen Zinsen profitieren.

Zurich Insurance, Roche oder Nestlé

«Es ist darauf zu achten, dass nicht nur Dividendenaktien eines Sektors gekauft werden, sondern dass auf eine Sektordiversifikation geachtet wird», rät Thomas Urs Fischer von der Berner Kantonalbank BEKB. In der Schweiz weist beispielsweise nicht nur der Finanzsektor, insbesondere die Versicherer, hohe Dividendenrenditen auf, sondern auch einige Pharmawerte.

Für die BEKB-Experten Stefan Fuhrer und Sven Hanselmann sind Zurich Insurance (5,5 Prozent), Swiss Life (5,1 Prozent), SGS (4,5 Prozent), Swisscom (4,3 Prozent), Roche (3,8 Prozent), Novartis (3,5 Prozent), Nestlé (3,0 Prozent) die klaren Favoriten bei den Schweizer Dividendenaktien.

«Zurich Insurance ist eine klassische Dividendenperle mit solider Bilanz und breit diversifizierter Geschäftstätigkeit», sagen Fuhrer und Hanselmann auf Anfrage von cash.ch.Roche sei führend in Onkologie und verfüge langfristig über ein robustes Dividendenwachstum. SGS wiederum sei selten so günstig bewertet, Nachhaltigkeit ist beim Warenprüfkonzern der Wachstumstreiber.

Von den Versicherern bietet Swiss Re mit 6,0 Prozent wie gewohnt die höchste Ausschüttungsrendite, ist aber auch ein Beispiel für eine wenig nachhaltige Dividendenpolitik. Der Rückversicherer bezahlt die Dividende in den letzten Jahren mehrheitlich aus der Substanz. Immerhin überzeugt Swiss Re mit einem Gewinnanstieg im dritten Quartal, und an der Börse geht es in der Tendenz aufwärts.

Auf der Anlageseite hat der Rückversicherungskonzern zuletzt Aktien und Staatsanleihen verkauft, Unternehmensanleihen hinzugefügt und mehr privates Beteiligungskapital gekauft. Dies alles dürfte den Anstieg der Kapitalerträge beschleunigen. Bei Baloise (5,7 Prozent) ist die Dividende dank der guten Liquidität in Stein gemeisselt. Helvetia (5,0 Prozent) sollte auch im kommenden Jahr profitabel wachsen und im Ausland Marktanteile gewinnen.

Auch Swisscom ist laut Raiffeisen-Anlagechef Geissbühler als Beimischung und Dividendenaspekten als Investment interessant, wobei der Telekomkonzern die Ausschüttung seit Jahren bei 22 Franken pro Aktie konstant gehalten hat. Steigerungen seien zwar auch in den kommenden Jahren nicht zu erwarten.

Sulzer mit solider Auftragslage, APG SGA mit moderatem Marktwachstum

“Wir empfehlen die Aktien von Sulzer zum Kauf mit einem 12 Monats-Kursziel von 120 Franken», sagt zudem Eugen Perger, Leiter Aktienanalyse bei Research Partners, gegenüber cash.ch. Der Bestellungseingang in der Basisinfrastruktur sei wenig zinssensitiv und profitiere von langfristig initiierten staatlichen Ausbauprogrammen. Es bestehe angesichts der anhaltend soliden Auftragslage weiterer Spielraum für die Steigerung der Dividende - die aktuelle Ausschüttungsrendite liegt bei 4,1 Prozent.

Wie Sulzer haben wohl auch wenige Kühne + Nagel (4,8 Prozent) als Dividendeninvestment auf dem Radar. Der Logistkkonzern steigert nicht nur die Dividende kräftig, auch an der Börse wandert der Kurs beharrlich aufwärts. Dabei bekommt Kühne+Nagel weiterhin die Normalisierung nach dem Corona-Boom zu spüren. 

Ein klassischer Dividendentitel ist auch das Werbeunternehmen APG SGA. Mit einer Dividende von 11 Franken je Aktie ist die Dividendenrendite mit über 6 Prozent für Perger gar rekordverdächtig. «Das moderate Marktwachstum lässt die Titel abseits der reinen Dividendenstory jedoch als nicht besonders attraktiv erscheinen. Im Versicherungsbereich gibt es Titel mit ähnlicher Dividendenrendite, aber höherer Marktdynamik», fügt Perger an.

ManuelBoeck
Manuel BoeckMehr erfahren