Der Schweizer Aktienmarkt bleibt ein gutes Umfeld für Dividendenjäger. Allein die 20 SMI-Firmen haben 2021 rund 40 Milliarden Franken ausgeschüttet. Und 2022 dürften die Dividendenzahlungen noch üppiger ausfallen, da sich der Wirtschaftsaufschwung auch in der Gewinnentwicklung der meisten Schweizer Firmen niederschlagen wird.

Sofern die Zinsen nicht steil ansteigen, sieht auch Caroline Hilb, Marktstrategin der St. Galler Kantonalbank, für 2022 eine gute Ausgangslage für Dividendentitel: "2021 hatten es Dividendenwerte im Vergleich zu den Technologiewerten und Wachstumstiteln schwerer. Weil im Verlaufe dieses Jahres die Zinsen tendenziell moderat steigen, könnten Wachstumswerte unter Druck geraten und Dividenden wieder attraktiver werden." Denn auch im Umfeld leicht steigender Zinsen blieben Dividenden gesucht, weil auf der Obligationenseite weiterhin nicht viel zu holen sei.

Zudem rechnet die Marktstrategin mit einer erhöhten Volatilität für 2022, was Dividendentitel ebenfalls attraktiver mache. Auch wegen den zahlreichen politischen Themen auf der Agenda würden Anleger mehr Sicherheit suchen. Zu diesen zählen die Wahlen in Frankreich, die Midterm-Wahlen in den USA oder auch der Konflikt zwischen den USA und China. Und: "Gute und stetige Dividendenzahler sind häufig auch Firmen mit einem soliden Geschäftsmodell und entsprechenden Erträgen. Solche Werte mit einem defensiven Charakter werden 2022 vermehrt gesucht," sagt Hilb gegenüber cash.ch.

Bei der Frage, welche Aktie eine potenzielle Dividenden-Königin 2022 sein könnte, muss jedoch differenziert werden. So lockt die Bellevue-Aktie gemessen an der Ausschüttung 2021 mit einer Dividendenrendite von beinahe 10 Prozent. Doch es handelte sich letztes Jahr um eine Sonderdividende, die durch Firmenveräusserungen finanziert wurde. Für dieses Jahr wird eine Ausschüttung von 4,9 Prozent als realistisch angesehen - immerhin.

Altbekannte: Swiss Re, Zurich und Swisscom

Wer nach soliden und zuverlässigen Dividendenzahlern Ausschau hält, landet weiterhin in erster Linie bei den Schweizer Versicherern sowie dem Telekomkonzern Swisscom. Der Rückversicherer Swiss Re erreicht mit einer Dividendenrendite von 6,5 Prozent den zweiten Platz. Nicht mehr ganz an der Spitze des Rankings, aber stets mit einer guten Ausschüttung aufwartend, ist Zurich Insurance Group (5,0 Prozent).

Die Krux dabei, die Aktien beider Versicherungen befinden sich immer noch unter dem Vor-Corona-Niveau. Und die Titel fristen hinsichtlich der Kursrendite ein Mauerblümchendasein - seit einem Jahr plus 11 Prozent für Swiss Re und plus 8 Prozent für Zurich Insurance. Das Auf und Ab der Aktienkurse beeinflusst die Höhe der Dividendenrendite. 

Fürs Portfolio eignen sich trotzdem beide SMI-Versicherer. Eine Positionierung kann heute schon in Betracht gezogen werden, auch wenn die Dividenden-Stichdaten erst im Lauf des Frühlings kommen werden. Die Dividendenzahlungen für 2021 sind aus heutiger Sicht bei beiden Unternehmen sicher. Und für 2022 sehen Analysten bei beiden Titeln auch ein Aufwärtspotenzial bei den Kursen, wobei Zurich Insurance Swiss Re in dieser Hinsicht schlagen dürfte.

Bei den Evergreens unter den Dividendentiteln darf Swisscom nicht fehlen (4,3 Prozent Rendite). Die Aktien des Telekom-Markt-Führers liegen zurecht als defensives Langfrist-Investment in vielen Portfolios hierzulande. Grosse Kursfantasien sind jedoch nicht angebracht: Über die letzten Jahre kehrte die Swisscom-Aktie immer wieder zu einem Durchschnittswert um die 500 Franken zurück.

HelvetiaBaloise oder Swiss Life?

Bei den Versicherern locken auch Helvetia (4,7 Prozent), Bâloise (4,3 Prozent) und Swiss Life (3,8 Prozent) mit üppigen Renditen. Der Versicherungskonzern Helvetia hat im ersten Halbjahr 2021 wieder schwarze Zahlen geschrieben und die übernommene, spanische Caser-Gesellschaft erwies sich als Wachstumstreiber. Der Versicherungskonzern überzeugt zudem mit sukzessiv höheren Ausschüttungen und der seit Juli eingesetzte Aufwärtstrend beim Aktienkurs dürfte sich im neuen Jahr weiter fortsetzen.

Aktuell hohe Dividendenrenditen von Aktien aus dem SMI und dem SPI

AktieDividendenrenditeAktieDividendenrendite
Bellevue Group9,7 ProzentGavazzi4,4 Prozent
Swiss Re6,5 ProzentBâloise4,3 Prozent
Compagnie Fin.
Tradition (CFT)
6,2 ProzentBerner Kantonalbank (BEKB)4,3 Prozent
Varia US Properties6,0 ProzentHolcim4,3 Prozent
Cembra Money Bank5,6 ProzentSwisscom4,3 Prozent
Valiant5,5 ProzentMobilezone4,3 Prozent
Adecco5,4 ProzentEFG International4,3 Prozent
Banque Cantonale Vaudoise (BCV)5,1 ProzentLiechtensteiner 
Landesbank (LLB)
4,2 Prozent
Zurich Insurance5,0 ProzentIntershop4,1 Prozent
Basler Kantonalbank (BKB)5,0 ProzentVP Bank4,1 Prozent
Bystronic4,7 ProzentGlarner Kantonalbank4,0 Prozent
Helvetia4,7 ProzentBasellandschaftliche Kantonalbank (BLKB)3,8 Prozent
BB Biotech4,7 ProzentSwiss Life3,8 Prozent
Sulzer4,5 ProzentBurkhalter3,8 Prozent
Poenina4,5 ProzentNovartis3,7 Prozent

Daten: cash.ch, Bloomberg

Die Bâloise-Aktien haben in den letzten Wochen neue Lebenszeichen gezeigt. Und Analysten erwarten, dass das Dividendenwachstum mehr als 7 Prozent betragen wird. Bâloise bleibt zwar ein sehr stabiler und profitabler Versicherer, doch es gibt auch ein grosses Fragezeichen: Der Konzern plant 10 bis 30 Prozent des Cashflows in Innovationen zu investieren. Die Ungewissheit, ob sich diese schlussendlich auszahlen, wirkt auch zukünftig als Bremsklotz für den Aktienkurs.

Der Lebensversicherer Swiss Life (3,8 Prozent) bietet gegenüber der Bâloise mehr Gewissheit. Das Management hat es in der Vergangenheit wiederholt geschafft, die Marge trotz kontinuierlich sinkender Zinsen stabil zu halten. Dies ermöglicht dank wachsendem Kommissionsertrag steigende Ausschüttungen. Der Aktienkurs ist jedoch in den letzten drei Monaten um 20 Prozent nach oben geschossen und anfällig für eine Korrektur.

Mobilezone trumpft auf, Holcim und Novartis als Chancen

Gleich in zweierlei Hinsicht trumpft der Telecomspezialist Mobilezone auf: Erstens befinden sich die Aktien seit dem Coronaeinbruch im März 2020 in einem Aufwärtstrend - allein in den letzten vier Wochen plus 10 Prozent. Zukünftig kursstützend wirkt auch das Aktienrückkaufprogramm, das Mobilzone im November bekannt gab. Zweitens befindet sich die Dividendenrendite mit 4,3 Prozent immer noch auf einem höchst attraktiven Niveau. Mit der Ausrichtung auf den Online-Bereich ist das Unternehmen gut positioniert für die Zukunft.

Vom Kursverlauf zu den Verlierern gehören die Aktien des Personaldienstleisters Adecco (5,4 Prozent). Als frühzyklischer Titel hat die nachlassende Wachstumsdynamik seit dem Sommer einen negativen Einfluss auf die Bewertung gezeigt. Grosse Kurssprünge sind hier nicht zu erwarten. Interessanter ist der Kauf der Holcim-Aktien (4,3 Prozent). Der Zementkonzern ist laut Marktexperten das nachhaltigste Investment im Sektor und die Bewertung viel zu tief. Als einer der SMI-Flops 2021 könnte Holcim im neuen Jahr überraschen. Insbesondere, wenn der Klimaschutzfahrplan noch klarer wird.

Beim Pharmariesen Novartis (3,7 Prozent) sichert der hohe Cashflow die Dividende problemlos. Der Titel dürfte sich dank des Aktienrückkaufprogramms von bis zu 15 Milliarden Dollar tendenziell nach oben orientieren. Und die anstehende Entscheidung darüber, was mit der Generika-Tochter Sandoz passieren soll, könnte sich als zusätzlicher Kurskatalysator erweisen. Als defensive Beimischung gehört der Titel für 2022 in die engere Auswahl. 

Grosse Auswahl bei den kleinen Banken

Unter den Top-Dividendenaktien befinden sich mehrere kleinere Bank-Institute wie VP Bank (4,1 Prozent), EFG International (4,3 Prozent), Basler Kantonalbank (BKB; 5,0 Prozent), Banque Cantonale Vaudoise (BCV; 5,1 Prozent) oder Valiant (5,8 Prozent). Während die Dividendenrendite zum Kauf geradezu einlädt, erweist sich die Kursentwicklung durchs Band als ernüchternd. Seit dem Mai geht es tendenziell bergab, da Anleger stärker auf riskantere Titel setzen. Doch gerade Kantonalbanken sind verlässliche Dividendenzahler und sichern das Portfolio bei Marktturbulenzen gegen unten ab.

Das Kreditinstitut Cembra Money Bank wurde Ende August mit dem verlorenen Migros-Kartengeschäft stark abgestraft. Seit Ende Oktober zeigt die Aktie wieder Lebenszeichen und bewegt sich allmählich wieder aufwärts. Und mit Effizienzsteigerungen, einer Vereinfachung des Geschäftsmodells und Wachstumsinitiativen strebt die Bank eine Eigenkapitalrendite von 15 Prozent bis 2024 an. Die Bank stellt weiterhin eine Dividende von 3,75 Franken in Aussicht und bleibt damit ein attraktives Ziel von Dividendenjägern.

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